- Dass als seltene Nebenwirkungen der Corona-Vakzine von Astrazeneca und Johnson & Johnson Hirnvenenthrombosen auftreten, hängt möglicherweise mit dem Impfstoff-Typ zusammen.
- Diese Vermutung liegt Experten zufolge nahe, da beide Stoffe auf dem gleichen Wirkprinzip beruhen und die gleichen Probleme verursachen.
Die seltenen schweren Nebenwirkungen nach der Impfung mit den Präparaten von Astrazeneca und Johnson & Johnson hängen deutschen Experten zufolge möglicherweise mit dem speziellen Typ dieser Impfstoffe zusammen. "Die Tatsache, dass beide Impfstoffe auf dem gleichen Prinzip beruhen und die gleichen Probleme verursachen, spricht meines Erachtens eher dafür, dass der Vektor selbst die Ursache ist", sagte Johannes Oldenburg vom Universitätsklinikum Bonn der Deutschen Presse-Agentur. Allerdings sei das zum gegenwärtigen Zeitpunkt spekulativ.
Der US-Pharmakonzern Johnson & Johnson hatte am Dienstag wegen Berichten über sogenannte Sinusvenenthrombosen nach der Impfung den Marktstart seines Präparats in Europa aufgeschoben - nur einen Tag nachdem mit der Auslieferung begonnen worden war. Zuvor hatten Behörden in den USA ein vorübergehendes Aussetzen der Impfungen empfohlen, nachdem im Land sechs Fälle der Hirnvenenthrombosen erfasst worden waren. In drei Fällen kam es zusätzlich zu einer Thrombozytopenie, also einem Mangel an Blutplättchen. Seit der Zulassung Ende Februar wurden in den USA mehr als 6,8 Millionen Dosen des Impfstoffes eingesetzt.
Beide Impfstoffe nutzen ein Adenovirus
Erst im März hatte Deutschland Impfungen mit dem Produkt des Herstellers Astrazeneca vorübergehend ausgesetzt. Auch andere europäische Länder stoppten die Impfungen zeitweise. Hintergrund war ebenfalls eine auffällige Häufung der speziellen Thrombosen in Verbindung mit einem Mangel an Blutplättchen nach Impfungen mit dem Präparat. Inzwischen wird der Einsatz von Astrazeneca in Deutschland nur für Menschen ab 60 Jahren empfohlen.
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In beiden Präparaten wird ein an sich harmloses Adenovirus als sogenannter Vektor genutzt, um Erbinformationen des Coronavirus in den Körper zu schleusen. Es sei theoretisch auch denkbar, dass das Spike-Protein des Virus, das in allen verfügbaren Impfstoffen dem Immunsystem zur Bildung von Abwehrstoffen präsentiert wird, die Nebenwirkungen verursacht, erklärte Oldenburg. Ebenso sei es grundsätzlich möglich, dass die Nebenwirkungen unspezifisch im Rahmen der allgemeinen Immunantwort ausgelöst würden.
Münchner Mediziner vermutet "Klasseneffekt"
Auch Clemens Wendtner vermutet, dass den Nebenwirkungen bei beiden Impfstoffen ein ähnlicher Mechanismus zugrunde liegt. "Wir haben im Fall von Johnson & Johnson die gleichen Nebenwirkungen, die auch bei Astrazeneca aufgetaucht sind", sagt Wendtner, Chefarzt an der München Klinik Schwabing. "Da stellt sich die Frage, ob es hier einen Klasseneffekt gibt, also die Adenoviren, die als Vektoren genutzt werden, die Probleme auslösen."
Einige Experten wie Andreas Greinacher von der Universitätsmedizin Greifswald (UMG) vermuten, dass die Betroffenen im Verlauf der Immunreaktion bestimmte Antikörper bilden. Diese aktivieren dann die Blutplättchen, was wiederum zu Blutgerinnseln führt.
Frauen stärker betroffen als Männer
Bei einer Sinusvenenthrombose kommt es zu einem Verschluss bestimmter Venen im Gehirn durch Blutgerinnsel. Dies macht sich vor allem durch Kopfschmerzen bemerkbar, auch epileptische Anfälle, Lähmungen oder Sprachstörungen können auftreten. Ein Mangel an Blutplättchen wiederum führt zu einer erhöhten Blutungsneigung. Als Symptome treten punktförmige Einblutungen in die Haut oder Schleimhäute auf, gelegentlich auch starkes Nasenbluten.
Bis zum 8. April wurden dem Paul-Ehrlich-Institut 46 Fälle einer Sinusvenenthrombose nach Impfung AstraZeneca-Impfstoff (Vaxzevria) gemeldet, in 24 Fällen zusätzlich eine Thrombozytopenie. Fünf Frauen und drei Männern starben. Mit Ausnahme von sieben Fällen betrafen alle Meldungen Frauen im Alter zwischen 20 und 66 Jahren. Die Männer waren 24 bis 58 Jahre alt. (dpa/mcf)
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