In New York steigen die Corona-Fallzahlen bedrohlich. Bereits im Frühjahr war die Metropole ein Epizentrum der Pandemie. Nun versuchen die Behörden eine zweite Welle mit einer neuen Strategie zu verhindern.

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Überlastete Krankenhäuser, Notlazarette in Parks oder auf Schiffen, Kühl-Lkws voller Leichen: New York wurde mit extremer Wucht vom Coronavirus getroffen. Die Stadt reagierte mit rigiden Maßnahmen.

Zwar hatte sich die Lage im Sommer stabilisiert, doch nun steigen die Fallzahlen wieder bedrohlich - und das just, als die Schulen öffnen und damit wieder etwas Normalität einziehen soll.

Mit 695 Neuinfektionen täglich hat New York einen Wert wie zuletzt im Mai erreicht. Noch deutlicher wird die Lage, wenn man die Fälle pro eine Million Menschen betrachtet: Mit 30.171 liegt New York über dem Landesdurchschnitt von 23.178 - und weit über dem weltweiten Schnitt von 4.700.

Sorge bereiten aber vor allem extreme Spitzen in bestimmten Stadtteilen. Denn in einigen Teilen von Queens und Brooklyn sind die Infektionsraten fünfmal höher als im Rest des Bundesstaates.

Kampf gegen die zweite Welle: New York weist Hochrisikozonen aus

Dem versucht die Stadt mit einer gezielteren Strategie entgegenzuwirken. Dabei erklärt sie neun Postleitzahlengebiete zu Hochrisikozonen. Dort gelten ab sofort weitreichende Restriktionen.

Schulen sind geschlossen ebenso wie nicht-systemrelevante Unternehmen jeglicher Art. Restaurants dürfen nur zum Mitnehmen verkaufen. Massenzusammenkünfte sind untersagt, die Besucherzahl in Kirchen extrem eingeschränkt.

Es tue ihm sehr weh, diese Maßnahmen zu ergreifen, sagte New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio in einer Videoansprache. Aber in Brooklyn und Queens habe man ein außerordentliches Problem, wie man es seit Frühjahr nicht mehr erlebt habe. Mehr als drei Prozent der Corona-Tests fielen dort positiv aus.

Bisher hatte man auf Aufklärung gesetzt oder kostenlose Masken verteilt. Doch diese Maßnahmen seien nicht ausreichend gewesen, sagte de Blasio.

Widerstand gegen Corona-Maßnahmen: Demonstrationen und Maskenverbrennungen

Allerdings sorgte die Ankündigung der Restriktionen prompt für Widerstand. Dabei demonstrierten vor allem orthodoxe jüdische Gruppen. In Borough Park, einem Quartier in Brooklyn, kam es sogar zu Maskenverbrennungen.

Dass es ausgerechnet unter den orthodoxen Juden zu Demonstrationen kommt, ist kein Zufall. Deren Bevölkerungsanteil ist in vielen der Hochrisikozonen besonders hoch. Zudem fiel der Anstieg der Corona-Fälle mit den Feierlichkeiten rund um Jom Kippur zusammen.

Außerdem zeigten sich viele orthodoxe Juden verärgert über Andrew Cuomo, den Gouverneur des Bundestaates New York. Der hatte ein Bild feiernder Juden benutzt, um eine unerwünschte Massenveranstaltung zu illustrieren.

Bürgermeister de Blasio reagierte mit einem eindringlichen Appell: ʺRespektieren Sie die Gesetze! Respektieren Sie die Anweisungen der Polizei!ʺ

Dass die Zahlen wieder steigen, lässt sich jedoch kaum auf die Festlichkeiten einzelner Religionsgruppen zurückführen. Ein Faktor dürfte die Öffnung der Schulen sein. Erst vor wenigen Tagen waren die meisten Schüler zum Präsenzunterricht zurückgekehrt.

Gefährlicher Cocktail: Corona-Müdigkeit trifft Herbstwetter

Und wie überall zeigt sich auch in New York eine gefährliche Corona-Müdigkeit. Stand das Leben doch über Monate fast still: Restaurants waren geschlossen, der Tourismus kam zum Erliegen, die berühmten Kulturstätten – von der Metropolitan Opera bis zu den Broadway-Theatern – bleiben bis 2021 geschlossen. New York ist nicht mehr ʺdie Stadt, die niemals schläftʺ.

Zudem beginnt der Herbst, und auch im Big Apple halten sich die Menschen vermehrt drinnen auf. Dr. Anthony Fauci, Amerikas Top-Immunologe, warnte mit drastischen Worten vor der kalten Jahreszeit: ʺWir sollten damit planen, uns zu verbarrikadieren."

Trotz allem zeigt sich Bill de Blasio vorsichtig optimistisch. Die Daten der Wissenschaft zeigten deutlich, dass eine zweite Welle zu verhindern sei, sagte er in einer weiteren Videoansprache. Wenn man es richtig mache, würde es nur ein paar Wochen dauern. Wenn nicht viel länger.

Bleibt zu hoffen, dass de Blasio Recht behält und New York bald wieder die aufregende Metropole ist, als die sie alle Welt kennt.

Verwendete Quellen:

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