Deutschlands vermeintlicher Erfolg im Kampf gegen Infektionen mit dem Coronavirus steht nach Ansicht des Berliner Virologen Christian Drosten auf wackligen Beinen. Den 48-Jährigen stören "Festtagsreden" und die seiner Meinung nach "irreführende" Diskussion um das Füllen von Fußballstadien: "Wir müssen Dinge ändern."

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Der Berliner Virologe Christian Drosten sieht Deutschland in der Corona-Pandemie noch nicht ausreichend für die kommende Zeit gewappnet. "Wir müssen, um die Situation in den kommenden Monaten zu beherrschen, Dinge ändern", sagte er im Vorfeld der im Oktober anstehenden Gesundheitskonferenz World Health Summit in Berlin. "Die Pandemie wird jetzt erst richtig losgehen. Auch bei uns."

"Festtagsreden" über Deutschland-Erfolg stören Christian Drosten

Pragmatische Entscheidungen seien nötig, sagte Drosten dem World Health Summit zufolge. "Es werden schon Festtagsreden auf den deutschen Erfolg gehalten, aber man macht sich nicht ganz klar, woher er kam."

Er gehe schlichtweg darauf zurück, dass Deutschland ungefähr vier Wochen früher reagiert habe als andere Länder. "Wir haben mit genau den gleichen Mitteln reagiert wie andere. Wir haben nichts besonders gut gemacht. Wir haben es nur früher gemacht", erklärte der Leiter des Instituts für Virologie der Charité.

"Wir waren nicht deshalb erfolgreich, weil unsere Gesundheitsämter besser waren als die französischen, oder weil unsere Krankenhäuser besser ausgestattet sind als die italienischen", so Drosten weiter. "Wenn man das jetzt überträgt in den Herbst, dann muss man sich natürlich klarmachen, dass wir auch weiterhin nichts besser machen als andere."

Drosten: Nicht über Fans im Fußballstadion diskutieren

Deutschland müsse viel differenzierter und genauer auf die Entwicklungen im Ausland schauen. "Wir müssen aufhören, uns über so Dinge wie Fußballstadien zu unterhalten. Das ist wirklich komplett irreführend."

Im Moment wisse niemand genau, wie die Pandemie weiter verlaufen wird. Es gebe die Möglichkeit, dass das Ganze nicht mehr so gut zu beherrschen sei und "dass die Wissenschaft beispielsweise mit der Verfügbarkeit von Impfstoffen einfach zu langsam gewesen ist".

Erst am Ende werde klar sein, wie sich die Wissenschaft geschlagen habe. "Denn diese Pandemie ist ja erst mal kein wissenschaftliches Phänomen, es ist eine Naturkatastrophe."

Drosten wies in mehreren Tweets auf Twitter auf mehrere Punkte hin:

  • Aktuell erkrankten "jüngere Menschen".
  • Es werde "breiter getestet".
  • Das Virus sei nicht "weniger gefährlich geworden".
  • Wenn sich wieder vermehrt ältere Menschen ansteckten, würden "wieder mehr schwere Fälle und Todesfälle" auftreten.
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Eine wichtige Lektion aus der Pandemie für die Zukunft sei, dass Gesundheit das Wichtigste für den Einzelnen und die Grundlage für eine funktionierende Gesellschaft sei, sagte Detlev Ganten, Präsident und Gründer des World Health Summit, bei dem Doppelinterview. "Wirtschaft, Kultur und all das funktioniert eben nicht mehr, wenn das, was wir als garantiert ansehen, nicht mehr da ist. Ich bin nicht sicher, ob das allen wirklich so klar ist."

Christian Drosten hält einen Impfstoff nicht für das Allheilmittel

Klar müsse auch sein, dass die Zulassung eines Impfstoffs nicht sofort die Lösung des Problems bedeute, sagte Drosten. Zunächst müsse die Priorität bei Risikogruppen liegen.

"Neben der zu erwartenden Verteilungskompetition ist es auch gar nicht so einfach, so viele Vakzinedosen in Flaschen abzufüllen und die dann auch zu verimpfen", erklärte er. "Deswegen ist das schon eine Unternehmung fürs ganze Jahr 2021." (dpa/hau)

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