• Die Frage, ob Kinder und Jugendliche das Coronavirus genauso häufig übertragen wie Erwachsene, spielt in der Debatte um die Schließung von Schulen und Kitas eine große Rolle.
  • Virologe Christian Drosten sieht sich durch eine von ihm veröffentlichte, groß angelegte Studie in seiner Annahme bestätigt, dass die Ansteckungsfähigkeit nicht vom Alter abhängt.
  • Eine andere aktuelle Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Kinder weniger Aerosole ausstoßen als Erwachsene. Aerosole sind jedoch nur ein Übertragungsweg für Coronaviren.

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Nach der Veröffentlichung seiner Corona-Studie im Fachblatt "Science" sieht sich der Virologe Christian Drosten in seinen Einschätzungen zur Ansteckungsfähigkeit auch von Kindern bestätigt.

"Mein anfänglicher Eindruck einer ungefähr gleich großen Infektiosität aller Altersgruppen hat sich bestätigt, nicht nur hier, sondern auch in anderen Studien", sagte er laut einer Charité-Mitteilung vom Dienstag. Am Abend bekräftigte er im Podcast "Coronavirus-Update": Anhand erster Daten habe man als klinischer Virologe gesehen, dass alle ungefähr gleich viel Virus hätten. Dieser Eindruck habe sich gehalten.

Geringste Viruslast bei Kindern unter fünf Jahren

Für die Studie bestimmten Wissenschaftler um Drosten für mehr als 25.000 COVID-19-Fälle die sogenannte Viruslast, also die Menge des Viruserbguts in der PCR-Probe. "Die Erbgutkopien repräsentieren näherungsweise die Virusmenge im Rachen der Patienten und lassen daher Voraussagen über deren potenzielle Infektiosität zu", erklärte die Charité.

Von mehr als 4.000 Fällen lagen mehrere Proben vor, was Rückschlüsse auf den Verlauf der Infektion erlaubte. In die Studie einbezogen wurden Infizierte ohne Krankheitsanzeichen ebenso wie Patienten mit unterschiedlich schweren Symptomen bis hin zu Krankenhausfällen.

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Bis zum Ende der Sommerferien soll Jugendliche ab zwölf Jahren ein Corona-Impfangebot haben - zumindest wenn es nach Gesundheitsminister Jens Spahn geht. Doch der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission, Thomas Mertens, dämpft die Euphorie. Vorschaubild picture alliance

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Bei Erwachsenen zwischen 20 und 65 Jahren zeigten sich laut der Charité-Mitteilung "keine nennenswerten Unterschiede" bei der Viruslast. In den Proben der jüngsten Kinder zwischen 0 und 5 Jahren seien die niedrigsten Viruslasten gefunden worden. Bei älteren Kindern und Jugendlichen hätten sich die Werte mit steigendem Alter aber denen der Erwachsenen angeglichen, heißt es weiter.

Andere Art der Probenentnahme

Die Werte von Kindern sieht Drosten allerdings durch eine andere Art der Probenentnahme im Vergleich zu Erwachsenen beeinflusst: Es würden deutlich kleinere Tupfer eingesetzt, die weniger als halb so viel Probenmaterial einbrächten. Statt der schmerzhaften tiefen Nasenrachenabstriche würden zudem oft einfache Rachenabstriche gemacht, in denen sich nochmals weniger Virus finde. Deshalb seien bei Kindern von vornherein geringere Messwerte zu erwarten.

Eine gemeinsame Untersuchung der Charité und der TU Berlin liefert indes ein anderes interessantes Ergebnis zur Ansteckungsfähigkeit von Kindern: Wie die Wissenschaftler um den Mediziner Dirk Mürbe herausgefunden haben, verbreiten Kinder beim Sprechen und Singen viel weniger der für eine Übertragung von Coronaviren relevanten Aerosole als Erwachsene.

"Kinder im Grundschulalter emittierten beim Sprechen eine Anzahl von Partikeln in der Größenordnung wie Erwachsene beim Atmen, und beim Singen emittierten sie ähnlich viele Partikel wie Erwachsene beim Sprechen", sagte Mürbe, Direktor der Klinik für Audiologie und Phoniatrie an der Charité, der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Kinder verbreiten weniger Aerosole als Erwachsene

Für die noch nicht publizierte Studie wurde laut Mürbe der Aerosolausstoß bei acht- bis zehnjährigen Grundschülern mittels Laserpartikelzähler in einem Reinraum gemessen. Die Probanden waren 15 Mädchen und Jungen des Staats- und Domchores Berlin und des Mädchenchores der Sing-Akademie Berlin.

Coronaviren werden am häufigsten über die Tröpfcheninfektion übertragen, sprich, wenn eine infizierte Person hustet, niest oder spricht und dabei Tröpfchen in Mund, Nase oder Augen anderer Menschen gelangen. Der Übertragungsweg über Aerosole, kleinste Tröpfchen von weniger als fünf Mikrometern, ist der zweithäufigste. Selten sind Corona-Ansteckungen über Oberflächen, die sogenannte Schmierinfektion. (dpa/mcf)

Verwendete Quellen:

  • dpa
  • Bundesministerium für Gesundheit: Zusammen gegen Corona: So wird das Coronavirus übertragen
  • NDR.de: Drosten über Viruslast-Studie: Altersgruppen etwa gleich ansteckend
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