Ob man einen Seitensprung beichten würde oder nicht, ist offenbar auch eine Frage des Alters. Das geht aus einer aktuellen Umfrage im Auftrag unserer Redaktion hervor. Ein Paartherapeut erklärt, warum Lebenserfahrung eine große Rolle spielt bei dem Thema.
Es ist eine heikle Frage: Würde man dem Partner oder der Partnerin einen Seitensprung beichten? Oder besser nicht? Während man am Stammtisch vermutlich nicht nur ehrliche Antworten dazu erhalten wird, wollten wir wissen, wie die Deutschen denn tatsächlich zu dem Thema stehen.
Eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstitut Civey im Auftrag unserer Redaktion kommt zu dem Ergebnis: Nur ein Viertel würde dem Partner oder der Partnerin einen Seitensprung beichten, und dazu zählen vor allem jüngere Menschen. (Weiter unten lesen Sie, wie das Meinungsforschungsinstitut Civey arbeitet.)
Mit 34 Prozent sind viele Menschen unentschieden, wie sie mit der Situation umgehen würden. Die größte Gruppe aber bilden mit 41 Prozent diejenigen, die einen Seitensprung in der Beziehung verheimlichen würden. 23 Prozent würden dies sogar "eindeutig" tun.
Männer verheimlichen Seitensprung eher als Frauen
Die hochspannende Frage bei einem Beziehungsthema wie diesem sind natürlich etwaige Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Es zeigt sich: 45 Prozent der Männer würden einen Seitensprung verheimlichen, bei den Frauen sind es 38 Prozent. Beichten würden den Fehltritt 25 Prozent der Männer und 24 Prozent der Frauen. Bei den Frauen ist die Gruppe der Unentschiedenen deutlich größer (38 Prozent) als bei den Männern (30 Prozent).
Eindeutiger Trend nach Alter: Jüngere beichten Seitensprung eher
Was bei der Auswertung der Daten besonders auffällt: Das Alter macht einen großen Unterschied. Je jünger die Befragten, desto eher würden sie dem Partner oder der Partnerin den Seitensprung beichten. Bei den 18- bis 29-Jährigen geben das 39 Prozent an, in der Generation 65+ nur 16 Prozent. Die Hälfte der über 65-Jährigen würde einen Seitensprung lieber verheimlichen, bei den 18- bis 29-Jährigen geben das 31 Prozent an.
Paartherapeut: "Ältere bewerten Treue durch Lebenserfahrung anders"
Den deutlichen Trend je nach Alter erklärt Paartherapeut und Autor Eric Hegmann mit der Lebenserfahrung der Älteren: "Ich beobachte, dass viele ältere Paare offen mit dem Thema Sexualität umgehen, da sie vielleicht die Bedeutung von körperlicher Treue aufgrund ihrer Lebenserfahrung anders bewerten als jüngere, die in monogamen Beziehungen Sicherheit vermuten und erhoffen. Partner, die miteinander viel erreicht und aufgebaut haben, fühlen sich durch einen einmaligen Seitensprung nicht so leicht bedroht."
Beides - Geheimhalten und Beichten - seien Schutzstrategien: "Für sich selbst, vor allem aber auch, um die Beziehung zu schützen. Wer beichtet, sucht Verzeihung und Verständnis und will die Beziehung fortführen. Wer es verschweigt, versucht es über die Konfliktvermeidung." Wie man letztlich mit der Situation umgeht, sage vor allem etwas über den Umgang mit eigenen Gefühlen aus: "Wer beichtet, reguliert seine Emotionen mit und über den Partner. Wer das nicht tut, benötigt das nicht, sondern macht es mit sich aus. Diese Strategien sind geprägt durch die Biografie und die Beziehungserfahrungen", erklärt er.
Menschen gehen fremd für sich - nicht gegen den Partner
Einen pauschalen Rat in der Frage will der Paartherapeut nicht geben: "Das wäre unseriös." Es hinge davon ab, was die eigene übliche Strategie ist: Brauche ich den Partner, um meine Gefühle zu regulieren oder nicht? "Prüfen Sie, was in der Dynamik mit Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin wohl passend wäre und natürlich, was Sie mit Ihren Werten vereinbaren können. Fragen Sie sich: Wer wollen Sie sein in Ihrer Beziehung? Welche Art von Beziehung möchten Sie führen? Und was sind Sie bereit, dafür zu tun?"
Eine Studie, die Hegmann kürzlich für Parship begleitete, hält er in dem Zusammenhang für aufschlussreich: 59 Prozent der Fremdgeher bereuen demnach ihre Erfahrung nicht. "Das bedeutet: Menschen gehen fremd für sich - nicht gegen den Partner. Dieser Gedanke ist für den Betrogenen häufig schwer zu fassen, weil er oder sie sich persönlich vorsätzlich verletzt fühlt. Für ihn oder sie ist der Seitensprung meist etwas, das der Partner bewusst gegen sie getan hat."
Dass dies nicht der Fall sei, entschuldige zwar nicht den Vertrauensbuch, aber: "Richtig ist, die haben das ausschließlich für sich gemacht. Wenn sie dann in der Beziehung bleiben, haben sie sich auch ganz bewusst für den Partner oder die Partnerin entschieden. Das sind wichtige Bausteine in der Paartherapie, wenn es um den Umgang mit Untreue geht."
- Civey
- Interview mit Eric Hegmann, Paartherapeut in Hamburg und Co-Gründer der Modern Love School sowie einer eLearning Plattform mit Onlinekursen rund um die Liebe. Seit über 17 Jahren begleitet er im Parship Experten-Team repräsentative Studien über Partnersuche und Beziehungen.
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