- Weil Fitnessstudios geschlossen sind, trainieren viele Menschen gerade zu Hause.
- Perfekt bietet sich dafür Yoga an, denn die Übungen fördern die körperliche Fitness sowie geistige Balance, zudem werden keine Geräte benötigt.
- Allerdings: Es fehlt die Korrektur. Eine Yoga-Lehrerin weist auf typische Fehler hin, die Sie vermeiden sollten.
Der Lockdown zwingt Fitness-Freunde, Yogis und Neueinsteiger zum Praktizieren zu Hause. Im Internet gibt es zahlreiche Yoga-Videos, die zum Üben im Wohnzimmer einladen. Doch ohne die wachsamen Augen eines Yoga-Lehrers schleichen sich oft Fehler ein.
Nicht nur an der korrekten Ausführung der Asanas, so werden die Yoga-Haltungen bezeichnet, hapert es. Häufig wird Yoga mit reinen Fitnessübungen verwechselt, es wird beim Üben nicht richtig geatmet oder mit vollem Magen geübt, was sich äußerst unangenehm anfühlen kann.
Wir haben die Berliner Yoga-Lehrerin Vanessa Wigzell befragt und die fünf häufigsten Fehler beim Yoga zu Hause zusammengefasst.
Fehler 1: Yoga mit Fitness verwechseln
Richtig ausgeübte Yoga-Übungen mobilisieren die Gelenke, stärken die Muskeln und fördern Entspannung und Konzentration. Die positiven Auswirkungen von Yoga auf die Gesundheit sind längst belegt.
Was häufig in Vergessenheit gerät: Yoga geht weit über die physischen Übungen hinaus. Yoga ist eine uralte indische Philosophie. Die körperlichen Übungen sind nur ein Teil des Yoga.
Vor rund 2.000 Jahren fasste der indische Yogi Patanjali die acht Stufen des Yoga zusammen:
- Yamas – eine Art Verhaltenskodex für den Umgang mit Umwelt und Lebewesen
- Niyama – der Umgang mit sich selbst
- Asana – körperliche Übungen
- Pranayama – Atemübungen
- Pratyahara – die Einkehr der Sinne nach innen
Die letzten drei Punkte stehen für den Umgang des Geistes:
- Dharana – Konzentration und Ausrichtung
- Dhyana – Meditation
- Samadhi – innere Freiheit durch Erleuchtung
Vielleicht verfolgt nicht jeder, der sich auf die Yoga-Matte begibt, das Ziel der Erleuchtung. Und doch sollten die geistigen Aspekte des Yoga nicht in schweißtreibenden Übungen untergehen, denn auch die anderen Stufen wie Meditation oder ein wertschätzender Umgang mit sich selbst und seiner Umwelt wirken sich positiv auf das Wohlbefinden aus.
Yoga-Lehrerin Vanessa Wigzell rät Yoga-Einsteigern, die ohne spirituellen Hintergrund oder Erleuchtungsbestrebungen auf der Yoga-Matte gelandet sind:
- Schaffe dir einen erholsamen Raum – Handy in den Stummmodus schalten, anderen Bescheid geben, dass man eine kurze Auszeit braucht, vielleicht eine Kerze anzünden und für frische Luft sorgen. Wähle einen Platz, der immer für die Yoga-Praxis genutzt wird.
- Zieh dich in Schichten an, damit du auf deine Körpertemperatur eingehen kannst. Falls du schnell frierst, schwitzt, Durst bekommst, gilt: Sorge gut für dich! Sobald du auf der Matte ankommst achte auf jegliche Gefühle, deine Atmung, auf deine Gedanken. Wenn du Schmerz verspürst oder Unwohlsein, mildere die Haltung oder löse sie komplett auf.
- Gelingt etwas nicht, wie du es gerne hättest, beobachte deine Reaktion. Spüre nach jeder Sequenz oder Haltung nach. Zum Abschluss nimm dir die Zeit, in Savasana alles zu verarbeiten, was du erlebt hast, dem Körper die Zeit zum Integrieren lassen.
Savasana ist eine Yoga-Position, die zum Abschluss im Liegen auf dem Rücken mit geschlossenen Augen eingenommen wird. Dabei aktiv die Muskeln am gesamten Körper entspannen. Es ist erstaunlich, wie angespannt Kiefer, Nacken, Stirn und auch die Zunge unbewusst sind und wie gut es tut, sie zu entspannen.
Fehler 2: Mit komplizierten Yoga-Asanas beginnen
Wer hochmotiviert auf die Yoga-Matte steigt und sofort mit Übungen beginnen möchte, für die Yogis viele Jahre lang üben, riskiert nicht nur Verletzungen. Auch enden übermotivierte Versuche schnell im Frust. Deshalb: die Yoga-Routine unbedingt dem persönlichen Trainings-Level anpassen und langsam darauf aufbauen.
Die Übungen lieber korrekt und achtsam ausführen und der Anleitung aus dem Video oder Buch folgen, statt das Repertoire ständig um neue Haltungen zu erweitern. Auch bei vermeintlich einfachen Anfänger-Übungen wie dem Herabschauenden Hund können sich schnell Fehlhaltungen etablieren, die dann die Gelenke belasten.
Yoga-Lehrerin Vanessa Wigzell weiß: "Beim Herabschauenden Hund wird oft zu sehr auf die Füße geschaut. So wird der Rücken gekrümmt und ist nicht gerade." Und so klappt’s mit dem Herabschauenden Hund:
- Knie beugen, die Fersen heben ab. Hände weit aufgefächert mit nach vorne zeigendem Mittelfinger gegen den Boden pressen und Steißbein Richtung Decke schieben, bis eine sanfte Streckung im Rücken wahrgenommen wird. Dieses Gefühl im Rücken halten, während die Knie langsam wieder etwas mehr in die Streckung geführt werden.
- Die Schultern befinden sich weit weg von den Ohren, Schulterblätter rotieren auf dem Rücken zusammen. Der Nacken bleibt möglichst lang.
- Falls am nächsten Tag Kopfschmerzen auftreten, wurde die Haltung vermutlich zu lange gehalten. Drei bis sechs Atemzüge reichen für den Anfang. Nachspüren und eventuell noch einmal wiederholen.
Fehler 3: Yoga ohne Hilfsmittel üben
Der Markt wird regelrecht von Dingen überflutet, die für die Yoga-Praxis überflüssig sind. Auf diese Hilfsmittel sollte beim Yoga nicht verzichtet werden:
- Yoga-Matte: Das wohl wichtigste Hilfsmittel ist die Yoga-Matte. Sie gibt festen Halt und verhindert, dass Füße oder Hände wegrutschen. Zudem wirkt sie stoßdämpfend und schont die Gelenke und Knochen.
- Dünne Decke: Zum Abschluss einer Yoga-Stunde wird in der Totenstellung (Savasana) auf dem Rücken liegend entspannt. Die Decke gibt ein wohliges Gefühl und hält im ruhenden Zustand angenehm warm. Zudem kann sie zusammengefaltet bei einigen Yoga-Übungen wie dem Schulterstand unterstützend unter den jeweiligen Körperbereich wie die Schultern gelegt werden.
- Yoga-Block: Ein Yoga-Block kann vielseitig eingesetzt werden. Mit diesem Hilfsmittel kann etwa der Sitz erhöht und so die Wirbelsäule aufgerichtet werden. Auch wenn die Flexibilität noch nicht so groß ist, dass die Hände in der Vorwärtsbeuge den Boden berühren können, kann ein Yoga-Block vor den Füßen platziert werden und so die Übung angenehmer machen.
Fehler 4: Nicht das richtige Maß beim Yoga finden
Ob im Schnelldurchlauf oder zu übereifrig – ohne den Blick eines erfahrenen Yoga-Lehrers ist es gar nicht so leicht, das richtige Maß zu finden. Yoga-Lehrerin Vanessa erklärt: "Wenn du dich im Nachhinein verbundener fühlst, tiefer in dir ruhend, ausgeglichener und in den nächsten Tagen keinen extremen Muskelkater oder gar Schmerzen hast, dann hast du wahrscheinlich alles richtig gemacht."
Sie rät Yoga-Neueinsteigern, die Übungen vorher mit dem Hausarzt zu besprechen. Dies gilt insbesondere, wenn Vorerkrankungen vorliegen. "Es ist wichtig zu wissen, ob auf Übungen wie Vorwärtsbeugen verzichtet werden soll, weil es in der Vergangenheit gesundheitliche Probleme wie einen Bandscheibenvorfall gegeben hat. Bei Vorerkrankungen oder akuten Problemen unbedingt fachliche Hilfe einholen."
Fehler 5: Atmung vergessen
Während die Atmung im Alltag ganz unbewusst abläuft und oft nur in die Brust und nicht tief in den Bauch geatmet wird, wird in vielen Yoga-Richtungen ganz bewusst geatmet.
Die Expertin rät: "Sei unbedingt vorsichtig mit Atemübungen. Gehe es langsam an. Erhältst du vom Körper Zeichen wie Unwohlsein oder gar Panikgefühle, höre sofort auf. Auch beim Luft anhalten unbedingt auf die Körpersignale hören. Vielleicht erst einmal nur den Atem beobachten. Ab und an tief über den Mund gerne mit Ton ausatmen. Gerade zu Hause, wenn man unbeobachtet ist, kann es sich befreiend anfühlen, Geräusche beim Ausatmen zu machen."
Weiter rät sie: "Less is more – weniger ist mehr! Wenn du ohnehin ein hohes Stress-Level hast, erlaube dir auf der Yoga-Matte, diese Aussage wirklich anzunehmen und im Zustand der Entspannung anzukommen. Ich wünsche allen viel Freude und Gelassenheit mit ihrem Yoga-Einstieg – let the good times roll!"
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