Es gibt Themen, an denen scheiden sich auf ewig die Geister. Wenn Impfbefürworter mit Impfgegnern diskutieren, prallen Welten aufeinander. Wir haben die Nase voll von Pro und Kontra und versuchen einen anderen Weg.
Liebe Impfgegner,
spätestens seit dem Masernausbruch in Berlin seid ihr in der öffentlichen Diskussion die Buhmänner der Nation. Rücksichtslos und egoistisch nehmt ihr angeblich in Kauf, dass nicht nur eure Kinder an einer potenziell tödlichen Infektion erkranken, sondern auch andere um euch herum. In der ganzen erhitzten Debatte wird aber oft übersehen, dass ihr wie alle andere Eltern auch vor allem eins wollt: Das Beste für eure Kinder.
Als ich am Tag nach der ersten Impfung ein schreiendes, fiebriges Baby im Arm hielt, war ich mir plötzlich auch gar nicht mehr so sicher, ob meine Entscheidung pro Impfung wirklich richtig war. Letztendlich glaube ich immer noch, dass die Immunisierung für meine Kinder das Beste ist. Genauso habt ihr euch bewusst entschieden, euren Kindern die Nebenwirkungen und potenziellen Risiken zu ersparen. Diese Entscheidung ist euch sicher auch nicht leicht gefallen, schließlich finden sich überall so viele unterschiedliche Pro- und Kontra-Argumente.
Selbst die Ärzte scheinen sich nicht immer einig zu sein, wenn es um Nutzen und Risiken von Impfungen geht. Wie soll man da als Eltern die richtige Wahl treffen? Ihr habt Angst, dass eure Kinder von der Impfung Allergien, Hirnhautentzündung, Lähmungen oder Entwicklungsstörungen bekommen können. Ihr habt von Quecksilber in Impfstoffen und Infektionen durch verunreinigte Impfnadeln gelesen. Zu nahezu jeder Gefahr findet sich ein Beleg und auch ein Gegenbeleg, aber die Angst bleibt trotzdem. Schließlich sind die meisten sogenannten Kinderkrankheiten in Deutschland doch ohnehin nahezu ausgerottet, und die Medizin ist heute so viel weiter als vor 50 Jahren. Ist das Risiko durch mögliche Nebenwirkungen der Impfung dann nicht höher als das Risiko, an einer Krankheit wie Röteln oder Masern zu erkranken? Ihr seid euch ebenso unsicher wie ich, und wir haben uns entschieden, auf unterschiedliche Weise mit unserer Unsicherheit umzugehen. Doch während ich mich für meine Entscheidung nur selten rechtfertigen muss, geltet ihr gemeinhin als unverantwortliche Rabeneltern. Dabei wollt ihr doch auch nur, dass es euren Kindern gut geht. Ich wünsche euch viel Glück!
Eine Mutter von zwei geimpften Kindern
Liebe Impfbefürworter,
ihr habt sehr früh im Leben eurer Kinder eine schwierige Entscheidung getroffen, und ich bewundere euch dafür, dass ihr euch nicht von den vielen unterschiedlichen Meinungen verunsichern lassen habt. Mit eurer Entscheidung für eine Impfung schützt ihr nicht nur eure eigenen Kinder vor gefährlichen Infektionskrankheiten, sondern sorgt dafür, dass auch andere vom Herdenschutz der Immunisierung profitieren können: Kinder, die zu jung oder zu krank für eine Impfung sind – und Kinder, deren Eltern sich wie wir aus verschiedensten Gründen dagegen entschieden haben, ihre Kinder impfen zu lassen. Dafür bin ich euch wirklich aus ganzem Herzen dankbar, auch wenn ich weiß, dass viele diese Haltung als egoistisch empfinden.
Gäbe es euch Impfbefürworter nicht, dann wären Krankheiten wie Kinderlähmung, Diphterie oder Mumps in Deutschland wahrscheinlich immer noch an der Tagesordnung. Mit eurem Mut habt ihr dazu beigetragen, dass unsere Kinder nahezu ohne Angst vor schlimmen Krankheiten aufwachsen können. Diese Entscheidung habt ihr sicher nicht unüberlegt getroffen. Ebenso wie wir habt ihr euch sorgfältig informiert und die Risiken und Vorteile abgewogen, denn natürlich wollt auch ihr eure Kinder keinen unnötigen Gefahren aussetzen. Die Entscheidung, eure Kinder trotz der vielleicht wirklich vorhandenen Risiken impfen zu lassen – nicht zuletzt aus gesellschaftlichem Verantwortungsgefühl heraus – verdient Respekt. Das wollte ich euch einfach einmal sagen.
Mit herzlichen Grüßen
Eine Impfgegnerin
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