Schmerzen sind ein Warnsignal des Körpers. Damit zeigt er zum Beispiel, dass eine Überlastung droht. Oder dass etwas wirklich kaputt ist. Manchmal passt er sich aber auch an - und die Beschwerden verschwinden. Gibt es also gesunden Schmerz?

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Es zwickt und zwackt - bei der Massage, nach dem Sport oder der Wandertour. Aber ist jeder Schmerz gleich ein Alarmzeichen? Oder muss man ihn manchmal einfach aushalten?

Schmerz ist erst einmal nichts Böses, sondern eine sinnvolle Einrichtung der Natur, wie Professor Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln erklärt. Schmerz bewahrt uns so vor schlimmeren Verletzungen. "Wichtig ist aber zu wissen, um welche Art es sich handelt", ergänzt Physiotherapeutin Ute Merz.

Es gibt drei Typen von Schmerzen

Wissenschaftler unterscheiden drei Typen:

  • Warnschmerz
  • Alarmschmerz
  • Schädigungsschmerz

"Der Warnschmerz entsteht aus der Überlastung heraus", sagt Froböse. Bestes Beispiel: Muskelkater nach dem Sport oder nach einer ungewohnten körperlichen Aktion. Dabei bilden sich kleine Risse in der Muskulatur, erläutert Personal Trainer Nino Herrscher - und das tut erst einmal weh.

Allerdings ist das den Experten zufolge eine Anpassung des Körpers und nicht weiter schädlich. "Entsteht ein Schmerz 18 bis 24 Stunden nach dem Sport, ist es in der Regel eine klassische Immunreaktion, die auf eine Überlastung hinweist", sagt Froböse. Spürt der Trainierende nach dieser Zeit nichts mehr, war die Belastung angemessen oder sogar zu wenig.

"Auch Muskelversagen durch intensives Training fällt in diesen Bereich und ist harmlos", sagt Herrscher. Mit zu starkem Muskelkater sollte man jedoch nicht weiter trainieren, dann würden sich die Risse noch vergrößern.

Ein weiterer Typus ist der Alarmschmerz. Im Alltag ist diese Form die häufigste - etwa bei Zahnweh, das aufgrund einer Entzündung entsteht.

Der Körper signalisiert dem Gehirn, dass er beispielsweise zu wenig Nährstoffe oder nicht genug Sauerstoff hat. Eher selten müssen wir mit dem Schädigungsschmerz zurechtkommen, der beispielsweise bei einer gerissenen Sehne oder einem Bruch entsteht.

Schmerz ist individuell und sogar kulturell geprägt

Wo also verläuft die Grenze? Wann ist das Zwicken im Rücken nur ein Warnzeichen, wann gilt höchste Alarmbereitschaft?

"Manchmal muss man den Körper über eine gewisse Hürde hinaus fordern", sagt Physiotherapeutin Merz. "Wir sind unglaublich anpassungsfähig."

Sprich: Schmerz ist an sich noch kein Erfolgsfaktor. Aber man kann sich natürlich wohlfühlen, wenn man sich mal ausgepowert hat und an seine Grenzen gegangen ist.

Die Kunst besteht dann darin, möglichst wenig Schmerzen während des Trainings zu haben. "Es soll ja Spaß machen", so Merz. Und wer sich nur quält, wird nicht lange durchhalten.

Ist ein Druck oder Ziehen während einer sportlichen Übung nicht genau einzuordnen, gilt es, alternative Haltungen zu finden und sich gemeinsam mit einem Trainer langsam heranzutasten. Kommunikation sei hier das A und O, sagt Herrscher.

Weil Schmerz auch eine psychologische Komponente hat, geht es um Aufklärung zwischen Trainer oder Therapeut und Kunde oder Patient: Wer weiß, dass er Muskelkater bekommen könnte, kann ihn besser einordnen. "Dann wird er als positiv wahrgenommen", hat Merz festgestellt. Überhaupt ist Schmerz individuell, geschlechtsabhängig und sogar kulturell geprägt.

Nicht nur Sport als Auslöser für Schmerz

Auch in der Physiotherapie oder bei der Massage kann es manchmal notwendig sein, etwas Leid zu ertragen, erklärt Merz. Etwa wenn an bestimmten Triggerpunkten die Durchblutung erhöht wird, um Verspannungen zu lösen. Oder wenn bei einer chronischen Entzündung neue schmerzhafte Reize gesetzt werden, um dem Körper im Heilungsprozess zu helfen.

Wie intensiv wir Schmerz empfinden, kann unter anderem davon abhängen, wie wichtig etwa die betroffenen Gliedmaße für unseren Alltag sind. So könne es sein, dass ein Fußballer eine an sich ähnliche Verletzung wie eine Schnittwunde am Fuß deutlich schmerzhafter wahrnimmt als an der Hand, erklärt Herrscher. Der Fuß hat für ihn und seinen Beruf schließlich eine höhere Bedeutung.

"Spezielle Schmerzrezeptoren gibt es nicht", sagt Froböse. Vielmehr landen Informationen über andere "Messfühler" im Gehirn. Das entscheidet, ob die Situation belastend ist oder nicht, und setzt dann eine Immunreaktion in Gang. Dementsprechend ist Schmerz dynamisch. "Man kann bewusst dagegen angehen, sich ablenken oder ihn ins Handeln integrieren", zählt Froböse auf.

Wird der Schmerz chronisch, hat er sich verselbstständigt und seine Warnfunktion verloren. "Konzentriert man sich nur darauf, wird die Region im Gehirn sehr dominant", führt Herrscher aus. Der Schmerz kann zu einem eigenen Symptom werden. "Wichtig ist dann, dass man gemeinsam mit dem Patienten wieder Vertrauen in seine Belastbarkeit erarbeitet", erklärt Froböse. Auch dieser Therapieweg kann schmerzhaft und steinig sein, so Merz. "Man muss dem Körper wieder zeigen, was er können soll." (dpa/ank)

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