Was heutige Prothesen alles können, zeigen Spitzensportler wie der ehemalige Weltcup-Skirennläufer Matthias Lanzinger. Die moderne Orthopädietechnik ermöglicht eine Beweglichkeit, wie sie in früheren Jahren noch völlig undenkbar war.
Sein Schicksal hat viele berührt: Im Frühjahr 2008 musste dem Weltcup-Skirennläufer Matthias Lanzinger nach einem schweren Sturz beim Super G in Norwegen der linke Unterschenkel amputiert werden. Heute steht der Salzburger wieder voll im Berufsleben, hat eine Medienkarriere gestartet und bereitet sich auf die Teilnahme an den Winter-Paralympics 2014 in Sotschi vor.
Prothesen: Wunderwerke aus Carbon, Titan und Aluminium
Neben seiner Familie und seiner mentalen Stärke hat dem Spitzensportler auch die Orthopädietechnik dabei geholfen, mit seinem Schicksal und seinem neuen Leben umgehen zu können.
Die ersten Schwünge nach seinem fatalen Sturz bewältigte Lanzinger mit einer extra angefertigten Prothese. Das rund 4.500 Euro teure Spezialmodell, an dem der Salzburger Orthopädietechniker Hannes Stabauer wochenlang gefeilt hatte, ermöglichte dem Sportler die Rückkehr auf die Piste. Die futuristisch anmutende Prothese, eine Verbindung aus Carbon, Titan und Aluminium, ist extrem belastbar und äußerst beweglich. Zudem verfügt sie über eine zusätzliche Manschette, die über das Kniegelenk reicht. So kann der Oberschenkel einen Teil jener Belastungen übernehmen, die sonst nur der Unterschenkel und damit die Prothese tragen müssten.
Auf die Kitzbüheler Streif wird Lanzinger dennoch nicht mehr zurückkehren können. Denn bei aller Hightech, schränkt ihn die festsitzende Prothese gegenüber nicht behinderten Sportlern doch deutlich ein. Bei anderen Bewegungsabläufen aber können etwa gehbehinderte Sportler durchaus mit ihren Kollegen, die nicht auf Prothesen angewiesen sind, mithalten. Eindrucksvoll beweist das etwa der beidbeinig amputierte Leichtathlet
Was moderne Orthopädietechnik möglich macht
Was Lanzinger und Pistorius dank moderner Orthopädietechnik heute schaffen, war noch vor hundert Jahren völlig undenkbar. Damals waren Prothesen kaum in der Lage, den Betroffenen eine tatsächliche Hilfe zu sein. Erst mit den beiden Weltkriegen und den vielen Versehrten setzte auch ein Fortschritt in der Orthopädietechnik ein.
Heute ist die Palette an Prothesen breit gefächert. Sie reicht von relativ einfachen, lebensecht aussehenden Schmuckprothesen bis hin zu Hightech-Modellen. Mikroprozessor-gesteuerte Prothesen etwa ermöglichen ihren Trägern eine fast so hohe Beweglichkeit, wie sie mit intakten Gliedmaßen möglich wäre.
Bei Hand-Prothesen sind die Finger bereits so beweglich, dass ihre Träger damit nahezu problemlos schreiben oder Gegenstände greifen können. Ermöglicht wird das durch Elektroden, die auf der Hautoberfläche elektrische Signale erfassen und nach einer gewissen Lernphase die noch vorhandenen Muskeln im Stumpf des Betroffenen steuern.
Finanzieren muss der Patient diese Wunderwerke übrigens nicht selbst. Die Kosten für Arm- oder Beinprothesen werden von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen. Einzige Ausnahme: Hightech-Prothesen. Hier bedarf es eines Nachweises, dass die Vorteile dieses künstlichen Körperteils auch tatsächlich benötigt werden (etwa beim Sport).
"Amputation" - ein traumatisches Erlebnis
Trotz aller Fortschritte in der Orthopädietechnik wie in der Prothesenentwicklung bleibt eine Amputation nach einem Unfall oder einer Erkrankung immer ein traumatisches Erlebnis. Jährlich sind etwa 60.000 Menschen in Deutschland von diesem Schicksal betroffen.
Häufigste Ursachen für eine Amputation von Gliedmaßen sind Gefäßerkrankungen und Durchblutungsstörungen - oft verursacht durch Diabetes und Rauchen. An zweiter Stelle stehen schwere Verletzungen durch Unfälle. Etwa vier bis acht Wochen nach der Amputation beginnt man mit der Anpassung einer Prothese. Was den Sport angeht, ist danach so ziemlich alles möglich, wie die Teilnehmer der Paralympics eindrucksvoll beweisen!
Weitere Informationen sowie Unterstützung finden Betroffene unter anderem unter: www.amputierten-initiative.de.
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