- Die Delta-Variante verursacht seit mehr als zwei Wochen kontinuierlich steigende Inzidenzen.
- Wissenschaftler wissen, warum.
- Sie erinnern - auch Geimpfte - eindringlich an Abstand, Maske und Testen.
Die Corona-Zahlen steigen wieder, nicht nur hierzulande. In 124 Ländern ist die Delta-Variante des Coronavirus laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) inzwischen nachgewiesen worden - 13 mehr als noch eine Woche zuvor. Weltweit stieg die Zahl der gemeldeten Corona-Neuinfektionen in der Woche bis zum 18. Juli um zwölf Prozent auf rund 3,4 Millionen.
Die WHO nennt vier Gründe, warum die Zahlen wieder so steigen:
- neue hochansteckende Virusvarianten
- hohe Zahl von Menschen weltweit, die noch nicht geimpft werden konnten, weil Impfstoffe zwischen reichen und armen Ländern ungleich verteilt sind
- Lockerung von Corona-Schutzmaßnahmen
- mehr soziale Kontakte
Wie in der Vorwoche starben nach dieser Statistik 57.000 Infizierte - allerdings verweist die WHO immer darauf, dass vielerorts weder Infektionen noch Todesfälle vollumfänglich gemeldet werden. Zuvor war die Zahl der wöchentlichen Todesfälle zwei Monate lang zurückgegangen. Die größte Zahl erfasster neuer Fälle verzeichneten demnach Indonesien (plus 44 Prozent) und Großbritannien (plus 41 Prozent).
Aktuelle Studien: So gefährlich ist Delta
Wie wie viel höher die Viruslast und die gesundheitlichen Risiken bei Infektionen mit der Delta-Variante sind, zeigen aktuelle Studien aus China und Kanada. Sie wurden bislang nicht in Fachjournalen veröffentlicht, aber von der WHO bereits als Belege öffentlich zitiert:
- Bei der Studie aus China wurden Menschen untersucht, die nach Kontakt mit einem Delta-Variante-Infizierten in Quarantäne waren.
Der PCR-Test war schon nach durchschnittlich vier statt wie bei frühen Varianten nach sechs Tagen positiv.
Die Viruslast war beim ersten Positiv-Test 1.200 Mal höher als bei ursprünglichen Virusvarianten.
"Das legt nahe, dass diese besorgniserregende Variante sich möglicherweise schneller vermehrt und in den frühen Stadien der Infektion ansteckender ist", fasst die WHO zusammen.
- Der kanadischen Studie zufolge waren bei einer Covid-19-Erkrankung mit Delta-Variante auch die gesundheitlichen Risiken deutlich höher als bei frühen Corona-Typen.
Das Risiko, ins Krankenhaus zu müssen, war um etwa 120 Prozent erhöht.
Die Gefahr, Intensivpflege zu benötigen, war um etwa 287 Prozent höher.
Das Sterberisiko war demnach um etwa 137 Prozent höher.
Experten erinnern: Geimpfte können Virus weitergeben
Neben Delta nennt die WHO auch die Lockerung der Maßnahmen und vermehrte soziale Kontakte als Gründe für die Neuinfektionen. Was viele Geimpfte nämlich nicht vergessen, wenn sie nun auf Sommerpartys gehen: Auch sie können das Virus weitergeben.
Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person trotz vollständiger Impfung PCR-positiv wird, ist zwar niedrig, liegt aber nicht bei Null, schreibt das
"Mit der Zahl der Impfungen steigt auch die Zahl der Durchbruchsinfektionen (Impfdurchbruch bezeichnet eine Erkrankung trotz erfolgter Impfung, Anm. d. Red.)", erklärt Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie (DGfI). "Diese ist zwar reduziert, aber je nachdem wie die Impfung bei mir gewirkt hat und je nachdem welche Viruslast mein Gegenüber in sich trägt, kann es schon dazu kommen, dass ich mich als Geimpfter anstecke." Gerade für ältere Menschen und solche mit Vorerkrankungen könne es dann gefährlich werden.
Rücksicht auf Kinder: Hygienemaßnahmen bleiben wichtig
Geimpfte sind vor schweren Verläufen zwar gut geschützt, aber: Kinder bis zwölf Jahre haben aktuell noch keine Chance auf eine Impfung. Eine sehr große Bevölkerungsgruppe ist also bis auf weiteres schutzlos. Auch junge Menschen können schwer an COVID-19 erkranken oder nach einer Corona-Infektion - auch wenn sie mild verlief - noch über Monate an den belastenden Symptomen von Long COVID leiden.
Auch deshalb sollten Experten zufolge Geimpfte bei Treffen mit nicht vollständig Geimpften Abstand halten und einen Mund-Nasen-Schutz tragen. In der Öffentlichkeit, wo viele Menschen zusammenkommen, wie etwa im öffentlichen Nahverkehr, ist weiterhin Vorsicht geboten. Durch die höhere Viruslast bei Delta steige bei Kontakt mit einem Infizierten auch die Ansteckungsgefahr.
Trotz Impfung: Vor der Gartenparty Test machen
Wenn sich Geimpfte und Ungeimpfte privat gemeinsam treffen wollen, wie auf einer Garten-Party, rät Watzl allen, sich vor so einem Treffen testen zu lassen. Denn immer, wenn sich Geimpfte und Nicht-Gemimpfte treffen, steige das Ansteckungsrisiko - auch für die Geimpften.
"Da nicht immer klar ist, wer etwa welche Vorerkrankung hat ist es am einfachsten, wenn sich vorher alle testen lassen", sagt der Experte. Dabei seien Bürgerschnelltests etwas sorgfältiger als der Selbsttest für zu Hause, doch auch dieser sei sinnvoll.
Aufrufe zur Impfung: "Besorgniserregende Dynamik"
Zudem werben Virologen und Politiker weiter fürs Impfen - hier ist das Tempo nämlich bei steigender Inzidenz zurückgegangen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stimmte die Bevölkerung am Donnerstag auf eine weiterhin schwierige Zeit in der Corona-Pandemie ein. Deutschland habe es "mit einer deutlichen, und wie ich finde auch besorgniserregenden Dynamik" zu tun. "Je mehr geimpft sind, umso freier werden wir wieder sei", betonte sie. Die Pandemie könne nur gemeinsam überwunden werden. Deswegen sollten Menschen auch im privaten Umfeld und der Arbeitswelt aktiv für Impfungen werben. Weiterhin gehe es darum, die Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern. (af)
Verwendete Quellen:
- dpa: Wie gefährlich ist die Delta-Variante?, 22.7.21
- dpa: Ich bin geimpft, was gibt es für mich dennoch zu beachten?, 22.7.21
- dpa: Weniger Impfungen, steigende Inzidenz - Merkel: für Impfen werben, 22.7.21.
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