Sanfte Heilmethode oder überteuerte Zuckerkügelchen? Während die einen auf die Wirkung homöopathischer Mittel schwören, halten die anderen sie für kompletten Humbug. Wie wirkt Homöopathie – und wirkt sie überhaupt? Ein Faktencheck.
Die Geschichte der Homöopathie begann mit einem Selbstversuch. Der Arzt und Chemiker Samuel Hahnemann stieß gegen Ende des 18. Jahrhunderts auf einen Text, der die heilende Wirkung von Chinarinde bei Malariaerkrankungen erklärte. Hahnemann, der während seines Medizinstudiums auch in Wien gewesen war, zweifelte die Erklärung an. Also startete er einen Selbstversuch: Er nahm Chinarinde ein – und stellte malariaähnliche Symptome bei sich fest.
"Ähnliches durch Ähnliches heilen": Das Wirkprinzip der Homöopathie
Bei seinem Selbstversuch entdeckte Hahnemann jenes Prinzip, das bis heute Grundlage der Homöopathie ist: "Similia similibus curentur". Demnach lassen sich Krankheiten mit Arzneien, die ähnliche Symptome erzeugen, "auslöschen". Die Mittel werden stark verdünnt eingenommen, das Verfahren nennt sich "Potenzierung". Dabei werden die Substanzen mit Wasser, Alkohol oder Milchzucker so stark vermischt, dass teilweise der Ausgangsstoff wissenschaftlich gar nicht mehr nachweisbar ist. "Wie eine Aspirintablette im Mittelmeer" sagen Gegner. Befürworter glauben, dass der Wirkstoff an den Trägerstoff weitergegeben wird und sich die heilenden Qualitäten mit jedem Potenzierungsschritt verstärken.
Was gehört zu einer homöopathischen Behandlung?
Die Homöopathie ist eine individuelle, auf den einzelnen Patienten ausgerichtete Medizin. Zu einer fachgerechten homöopathischen Behandlung gehört beispielsweise auch ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten: Über seine Beschwerden und Krankheiten, Ängste und Sorgen aber auch über seine Biografie und sein soziales Umfeld.
Wann ist die Anwendung homöopathischer Mittel sinnvoll?
Über Sinn und Unsinn der Homöopathie wird seit Hahnemanns Zeiten erbittert gestritten. Besonders beliebt sind homöopathische Mittel bei leichten Erkältungen, Husten, Schnupfen und grippalen Infekten. Auch jene Menschen, bei denen konventionelle Therapien nicht helfen - wie etwa chronisch kranke Menschen - wenden sich oft an einen Homöopathen.
Homöopathie in Österreich
Rund 40 Millionen Euro im Jahr geben die Österreicher für homöopathische Mittel aus – ein Geschäftszweig mit großen Gewinnspannen. Im Jahr 2011 hat die Hälfte der Bevölkerung mindestens ein homöopathisches Präparat verwendet: Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung der GfK im Auftrag des größten österreichischen Herstellers für homöopathische Produkte. Besonders beliebt ist die Methode demnach bei Frauen und bei Familien mit Klein- und Schulkindern. Im Unterschied zu anderen Ländern darf Homöopathie in Österreich ausschließlich von Ärzten ausgeübt werden. Dazu gehört eine mehrjährige Ausbildung in Theorie und Praxis.
Schulmedizin contra Homöopathie?
Die medizinische Fachzeitschrift "The Lancet" veröffentlichte im Jahr 2005 eine groß angelegte Studie, die zu dem Ergebnis kam, dass die klinischen Effekte der Homöopathie nur Placebo-Effekte seien. Obwohl die angewandten Methoden teilweise kritisiert wurden, gibt es bis heute keinen wissenschaftlichen Nachweis für die Wirksamkeit homöopathischer Arzneimittel. "Die Homöopathie ist eine Pseudowissenschaft", sagt etwa Univ. Prof. Dr. Michael Freissmuth, Vorstand des Instituts für Pharmakologie an der Medizinischen Universität Wien. Dennoch sind viele Menschen fest von der Wirksamkeit der Homöopathie überzeugt. Ein beliebtes Argument ist, dass sie auch bei Hunden und Kindern wirke. Allerdings zeigt sich gerade bei Kindern der Placeboeffekt generell stärker als bei Erwachsenen. Hunde wiederum orientieren sich stark an dem Verhalten ihres Herrchens – ist das Herrchen entspannter, ist es auch der Hund. Vielleicht aber geht es auch gar nicht darum, sich für oder gegen die Homöopathie zu entscheiden – wenn etwas hilft, dann hilft es.
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