Importiert Österreich Schweinefleisch von einer Gletscherinsel? Die Kritik scheint skurril – und ist zumindest teilweise falsch. Mit der Kennzeichnung von Lebensmitteln gibt es dennoch ein Problem. Woher unser Fleisch kommt und worauf Verbraucher achten sollten.

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Eine kleine, unbewohnte Insel im Südatlantik, einsam, raues Klima und fast gänzlich von Gletschern bedeckt: die Bouvet-Insel. Von hier sollen im Jahr 2007 rund 26 Tonnen lebende Schweine nach Österreich importiert worden sein. Skurril? Ja. Und falsch.

Was FPÖ-Agrarsprecher Harald Jannach in der Presseaussendung "Dubioser Schweinefleisch-Handel in Österreich" anprangert, lässt sich erklären: Nach Angaben von Statistik Austria beruht die Herkunftsbezeichnung "Bouvet-Insel" auf der fehlerhaften Meldung eines Händlers. Die Korrektur sei jedoch erst erfolgt, als die Daten für das Jahr 2007 schon publiziert waren – tatsächlich stammten diese Schweine aus Dänemark. Den Hinweis hat Jannach wohl übersehen.

Es gibt noch weitere Länder, aus denen Österreich angeblich Schweinefleisch importiert, darunter Zypern, Argentinien, Australien, Brasilien, Chile, Dominikanische Republik, Israel, Neuseeland, Seychellen, Südafrika, USA, Bangladesch, Korea, Mauritius, Japan, Uruguay, Ecuador, Kanada, China, Dominica, Indien, Libanon, Uganda und Vietnam. Doch auch bei diesen Ländern lohnt sich ein genaueres Hinschauen. Zunächst muss unterschieden werden: Hat Österreich lebende Tiere ins Land geholt oder handelt es sich um Importfleisch?

Lebende Schweine importiert Österreich laut Statistik Austria ausschließlich von europäischen Ländern sowie aus der Russischen Föderation. Einzige Ausnahme ist der Import von 38.800 Kilogramm aus Hongkong im Jahr 2011. Eine Menge allerdings, die bei insgesamt knapp 51 Millionen Kilogramm Lebend-Importen im selben Jahr sehr gering erscheint.

Bei allen Ein- und Ausfuhren von Schweinefleisch spielt Deutschland für Österreich die mit Abstand wichtigste Rolle. Zwar zählen zu den Handelspartnern bei schon geschlachteten Tieren auch exotische Orte, die meisten davon aber nur mit einem geringen Handelsvolumen.

Gütesiegel und Etikettenschwindel

Mit einem hat FPÖ-Agrarsprecher Harald Jannach allerdings Recht: Österreich hat ein "Lebensmittelkennzeichnungsproblem". Gerade bei verarbeiteten Lebensmitteln ist es für den Verbraucher oft schwer bis unmöglich, die genaue Herkunft der Inhaltsstoffe zu erfahren.

Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Gütesiegel für Lebensmittel beziehungsweise Fleischprodukte: private Siegel, solche, die durch Regierungsinitiativen entstanden sind (wie das AMA-Gütesiegel), EU-Siegel und verschiedene Biogütezeichen. Nicht einfach für den Konsumenten. "Außerdem sind alle Gütesiegel rechtlich nicht verbindend", kritisiert Heidemarie Porstner, Expertin für Ernährung und Gentechnik der Organisation Global 2000.

Das AMA-Gütesiegel wird bei Schweinefleisch nur vergeben, wenn das Tier in Österreich geboren und aufgewachsen ist und auch hier geschlachtet wurde. Dasselbe gilt für Hühner und Puten. Bei Rindfleisch kann das Kalb auch aus dem Ausland kommen, muss aber eine Zeit lang in Österreich gelebt haben. Dann ist das Siegel allerdings nicht rot-weiß, sondern grau hinterlegt und mit einer Kontrollnummer versehen, die Aufschluss über die Herkunft gibt. Bei verarbeitetem Fleisch wiederum steht das Gütesiegel auch dann auf der Verpackung, wenn bis zu einem Drittel der Inhaltsstoffe aus dem Ausland kommt: Das ist der Toleranzbereich.

Das AMA-Gütesiegel kann also maximal eine Orientierung über die Herkunft eines Fleischprodukts bieten – über die Art der Tierhaltung sagt es nichts aus. Dafür gibt es das allgemeine Biosiegel oder die - strengeren - Siegel der Bioverbände.

EU - Kennzeichnungspflicht

Als Folge des Pferdefleischskandals wird es ab April 2015 eine EU-weite Kennzeichnungspflicht für Frischfleisch geben. Der Konsument hat damit das Recht, genau zu wissen, wo sein Fleisch herkommt. Die neue Kennzeichnungspflicht gilt für Schwein, Geflügel, Schaf und Ziege - für Rindfleisch gibt es die Kennzeichnung schon seit dem BSE-Skandal.

"Das ist ein Novum und ein ganz wichtiger, rechtlicher Schritt", sagt Porstner von Global 2000. Kritik gibt es allerdings auch: Die Kennzeichnungspflicht gilt nur für Frischfleisch. Auf Druck von der Nahrungsmittellobby wurde verarbeitetes Fleisch davon ausgenommen. Wer also relativ sicher gehen will, woher sein Fleisch kommt und wie die Tiere gehalten wurden, sollte auf die in Österreich relativ strengen Siegel der Bioverbände vertrauen – oder aufs Fleisch verzichten.

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