• Regelmäßige Nickerchen am Tag sollen mit einem erhöhten Risiko für Bluthochdruck einhergehen.
  • Experten zufolge ist die Tagesmüdigkeit jedoch häufig eine Folge von Erkrankungen, deren Ursache geklärt werden sollte.
  • Ein kurzer Powernap sei weiterhin zu empfehlen.

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An freien Tagen gönnen sich viele Menschen ein Mittagsschläfchen. Aktuellen Untersuchungen zufolge könnten häufige Nickerchen am Tage jedoch gesundheitliche Risiken bergen. Eine Auswertung anonymer Biobank-Aufzeichnungen in Großbritannien ergab, dass regelmäßige, kurze Schläfchen mit einem höheren Risiko für Bluthochdruck und Schlaganfall korrelieren.

Zusammenhang von Powernaps und Bluthochdruck

Frühere Studien zeigten bereits einen möglichen Zusammenhang zwischen häufigem Tagesschlaf und Bluthochdruck. Die auch als Hypertonie bezeichnete Erkrankung kann wichtige Organe schädigen und gilt als Risikofaktor für Schlaganfälle und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Forscher nutzten im Sommer 2022 anonyme Biobank-Daten aus Großbritannien, um diese These weiter auszubauen. Die Datenbank enthält für über eine halbe Million Einwohner im Alter zwischen 40 und 69 Jahren eine Vielfalt an Gesundheitsinformationen. Dazu zählen auch die Umfrageergebnisse zum Mittagsschlaf, die zwischen 2010 und 2019 viermal durchgeführt wurde. Ausgeschlossen wurden Personen, die bereits vor der Studie an Bluthochdruck litten oder einen Schlaganfall hatten. Übrig blieben 358.451 Personen, deren Gesundheitsinformationen in die Studien einflossen.

Die Analysen lieferten Hinweise darauf, dass eine erhöhte Schlaffrequenz am Tag einen potenziellen Risikofaktor für Bluthochdruck darstellen könnte. Personen, die regelmäßige Mittagsschläfchen hielten, hatten ein um zwölf Prozent höheres Risiko für Bluthochdruck und ein um 24 Prozent höheres Schlaganfallrisiko als Menschen, die selten oder nie tagsüber schlafen.

Ergebnisse der Studie richtig einordnen

Experten zufolge sind diese statistischen Berechnungen durchaus plausibel. "Das Entscheidende ist aber, wie sie interpretiert werden", betont Dr. Alfred Wiater, Vorstandsreferent der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin e.V. "Dazu muss unterschieden werden zwischen Korrelationen, die in der Studie beschrieben werden und Kausalitäten, also der Frage nach der Ursächlichkeit von Faktoren."

Bei der aktuellen Untersuchung handelt es sich um eine Korrelationsstudie, die statistische Zusammenhänge aufzeigt, die jedoch ursächlich nichts miteinander zu tun haben müssen. Die Zahlen bedeuten daher nicht unbedingt, dass tägliche Nickerchen ein Risiko darstellen.

Vielmehr spielt der Lebensstil eine wichtige Rolle. So steigen sowohl der Blutdruck als auch die Häufigkeit eines Mittagsschlafs mit höherem Lebensalter. "In der vorliegenden Studie waren in der Gruppe der Mittagsschläfer unter anderem mehr junge Männer mit regelmäßigem Alkoholkonsum, niedrigem Einkommen und Raucher", erklärt Prof. Dr. Ulrich Laufs von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie. "Das heißt, möglicherweise ist der Mittagsschlaf nicht per se schädlich, sondern identifiziert Personen mit höherem Risiko für Krankheiten."

Für ein belastbares Ergebnis wäre eine randomisierte Studie mit vielen Teilnehmern erforderlich, in der die eine Hälfte der Teilnehmer nach dem Zufallsprinzip bestimmt über Jahre hinweg einen Mittagsschlaf abhält und die andere Hälfte nicht. Solange keine belastbaren Belege für eine schädliche Wirkung vorliegen, gilt also: Wenn der Mittagsschlaf nicht Folge eines zugrundeliegenden gesundheitlichen Problems ist, spricht nichts dagegen.

Tagesmüdigkeit abklären lassen

Wissenschaftlich bereits bewiesen sind bestimmte schlafmedizinische Zusammenhänge. In der Regel führt ein gestörter Nachtschlaf zu starker Müdigkeit während des Tages. "Wenn die Tagesschläfrigkeit so ausgeprägt ist, dass es zum Sekundenschlaf oder zum Einschlafen in monotonen Situationen kommt, ist das eine Alarmsituation", warnt Prof. Dr. Christoph Schöbel, Professor für Schlaf- und Telemedizin an der Ruhrlandklinik Essen. "Aber auch weniger ausgeprägte Symptome der Tagesschläfrigkeit sind gesundheitlich bedeutsam."

So steht beispielsweise Schnarchen im Zusammenhang mit einer erhöhten Tagesschläfrigkeit. Es ist ein Symptom der sogenannten Schlafapnoe, die sich durch flache Atmung und längere Atemaussetzer im Schlaf kennzeichnet. Bluthochdruck ist wiederum eine Folge komplexer Mechanismen im Zusammenhang mit dieser obstruktiven Schlafapnoe.

Verheerende Konsequenzen: Was passiert, wenn Kinder zu wenig schlafen

Schlafmangel wirkt sich negativ auf die Gesundheit aus - besonders bei Kindern im Grundschulalter. Welche Folgen zu wenig Nachtruhe haben kann, hat eine groß angelegte Studie der University of Maryland untersucht. Fotocredit: imago images / Panthermedia

Powernap weiterhin empfohlen

Das Risiko für Bluthochdruck ist auch bei einer sogenannten Insomnie mit Ein- und Durchschlafstörungen oder zu frühem Erwachen und dadurch beeinträchtigtem Tagesverhalten nachweislich erhöht. "Der Tagesschlaf, auch in Form des Mittagsschlafes, ist demnach in diesen Fällen Folge einer mit Tagesschläfrigkeit einhergehender Erkrankung und kein unabhängiger Risikofaktor für das Auftreten von Bluthochdruck", betont Prof. Schöbel. Auch eine bereits vorliegende Herz-Kreislauf- oder Bluterkrankung kann Tagesmüdigkeit auslösen.

Ein Powernap von 20 Minuten als Extraportion Schlaf zwischendurch ist den Experten zufolge jedoch uneingeschränkt zu empfehlen. "Dieser dient der Regeneration und auch der kognitiven Leistungsverbesserung", bringt es Dr. Wiater von der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung auf den Punkt. "Wenn aber der Tagesschlaf Folge des nicht erholsamen Nachtschlafes ist, sollte geklärt werden, woran das liegt."

Verwendete Quellen:

  • Anfrage Prof. Dr. med. Christoph Schöbel, Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums, Somnologe und Professor für Schlaf- und Telemedizin an der Universitätsmedizin / Ruhrlandklinik in Essen
  • Anfrage Dr. Alfred Wiater, Vorstandsreferent der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin e.V..
  • Anfrage Prof. Dr. Ulrich Laufs, Direktor der Klinik und Poliklinik für Kardiologie am Universitätsklinikum Leipzig und Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie.
  • Science Alert. „Frequent Napping Could Be a Warning Sign of Serious Health Risks, Scientists Say“
  • Ahajournals.org. „Association of Nap Frequency With Hypertension or Ischemic Stroke Supported by Prospective Cohort Data and Mendelian Randomization in Predominantly Middle-Aged European Subjects“.
  • Kardiologie.org „Mittagsschlaf soll Blutdruck in die Höhe treiben“.
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