Zu viel rotes Fleisch ist nach Experten-Meinung ungesund. Etliche Studien legen einen Zusammenhang zwischen einem häufigen Verzehr und verschiedenen Erkrankungen nahe: Diabetes, Herz-Kreislauf-Leiden sowie Brust- und Darmkrebs. Wann macht Fleisch krank?
US-Forscher haben die Gefahrenliste bei übermäßigen Fleischverzehr erweitert: In einer im "British Medical Journal" veröffentlichten Langzeitstudie kommen Wissenschaftler aus Massachusetts zu dem Schluss, dass Frauen, die viel rotes Fleisch essen, ein höheres Brustkrebsrisiko haben.
Brustkrebsrisiko steigt durch hohen Fleischkonsum
Maryam Farvid und sein Team von der Harvard School of Public Health in Boston werteten die Informationen von etwa 89.000 Frauen aus. Die Studie startete 1991, die Teilnehmerinnen waren zu diesem Zeitpunkt im Schnitt 36 Jahre alt. Das erschreckende Ergebnis: Frauen mit einem hohen Fleischkonsum hatten ein 22 Prozent höheres Risiko für Brustkrebs, als Frauen die selten Hamburger, Hotdogs oder Wurst gegessen hatten. In den 20 Jahren erkrankten dem Bericht nach 2.830 Frauen.
Die Ursachen für das höhere Brustkrebsrisiko könnten unter anderem in der Art der Zubereitung des Fleisches liegen: So entstehen bei hohen Temperaturen schädliche Substanzen. Der Jenaer Wissenschafter Michael Glei hält die Erklärung für plausibel. "Beim Grillen etwa von in Öl eingelegtem Fleisch entstehen durch die hohe Temperatur der Glut schädliche polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). Diese lagern sich mit dem Qualm auf dem Grillgut ab", erklärt der Professor für Ernährungstoxikologie von der Friedrich-Schiller-Universität Jena im Gespräch. Man wisse heute, dass die sogenannten Pak-Verbindungen gesundheitsschädigend sind und verschiedene Krebsarten bedingen können.
Beim Erhitzen entstehen schädliche Substanzen
Der Experte gibt noch etwas anderes zu bedenken: Beim Erhitzen des proteinreichen Fleisches entstehen schädliche heterozyklische aromatische Amine. Auch sie können das Krebsrisiko erhöhen. Je länger und heißer das Fleisch gebraten wird, desto höher ist der Gehalt dieser Stoffe. Bedenklich sei auch verarbeitetes rotes Fleisch wie Wurst, Hamburger oder Hotdogs, das in großen Mengen verzehrt wird. Dies sei meist gesalzen oder gepökelt. Dadurch entstehen endogene Nitrosamine. In Tierversuchen habe sich gezeigt, dass sie karzinogen wirken. Auf den Menschen übertragen kann das ein höhere Darmkrebs- und Brustkrebsrisiko bedeuten. Sein Rat: Davon so wenig wie möglich. "Die meisten Studien belegen, dass verarbeitetes rotes Fleisch im Vergleich das größte Gesundheitsrisiko darstellt."
Viren im Blut als Ursache für Darmkrebs?
Auch der Virologe Harald zur Hausen beschäftigt sich mit dem Zusammenhang zwischen einem hohen Fleischkonsum und Krebs. Insbesondere erforscht er, wie rotes Fleisch, Infektionen und Darmkrebs zusammenhängen. Der Wissenschaftler vermutet, dass der langfristige Verzehr von rotem Fleisch das Risiko um etwa 20 bis 30 Prozent erhöhe, an Dickdarmkrebs zu erkranken.
Darmkrebs sei in vielen Ländern sehr häufig, während er woanders vergleichsweise selten auftrete. "Auffallend ist, dass in den Ländern, in denen Darmkrebs selten vorkommt, kaum europäisch-asiatisches Rindfleisch gegessen wird." Zur Hausens Vermutung: Bestimmte in Rindern vorkommende Viren können das Krebsrisiko steigern, etwa wenn das Fleisch roh oder schlecht durchgebraten verzehrt wird. Diese Viren seien dann womöglich noch aktiv. Ob sie jedoch beim Menschen zu Infektionen führen, könne man noch nicht sagen.
Zur Hausen sucht im Blut der Tiere nach Erklärungen. "Wir haben in der Tat eine ganze Reihe neuer Viren isolieren können, von denen wir aber noch nicht wissen, ob sie tatsächlich eine Rolle spielen beim Dickdarmkrebs." Der Nobelpreisträger warnt allerdings vor allzu einfachen Ableitungen: "Keine Infektion, die zu Krebs führt, macht das ganz für sich allein – es müssen immer noch Schäden im Erbgut der betroffenen Zellen hinzukommen."
Zu viel Eisen schädigt Darm
Eine Gefahr besteht auch im Eisen. "Der Mineralstoff ist essentiell, doch zu viel davon – etwa durch zu hohen Fleischkonsum – kann den Darm schädigen", weiß der Experte. Denn: "Eisen ist an der Bildung reaktiver Sauerstoffspezies beteiligt." Generell würden aber eine Vielzahl von Faktoren eine Rolle spielen. Wer viel rotes Fleisch isst, sich nicht ausreichend bewegt und zudem raucht, habe ein höheres Risiko für Krankheiten als jemand, der Sport treibt und auf seine Gesundheit achtet.
Per se sei rotes Fleisch aber nicht schlecht, im Gegenteil. Es ist ein hochwertiges Lebensmittel, sagt Glei. Mageres Muskelfleisch vom Rind enthält Eisen, Vitamine und Spurenelemente. "Es hat eine hohe biologische Wertigkeit, wird vom Körper also besonders gut verwertet." Das Entscheidende ist die Verarbeitung beziehungsweise Zubereitung und die Menge: Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt 300 bis 600 Gramm pro Woche. Das Fleisch sollte dabei schonend zubereitet werden. Stark verarbeitete Fleischwaren wie Wurst lieber weniger verzehren.
(mit Agenturmaterial von dpa)
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