Noch vor sechs Jahren hat der Erreger von EHEC in Deutschland für Angst und auch für viele Tote gesorgt. Doch ist die Gefahr 2017 wirklich gebannt?
Es ist gerade erst sechs Jahre her, dass ein äußerst gefährlicher Erreger in Deutschland für eine Epidemie sorgte. Mehr als 3.800 Menschen erkrankten 2011 an EHEC, insgesamt starben 53 Menschen. Somit zählt die Epidemie zu den größten Lebensmittelkatastrophen der Bundesrepublik Deutschland. Doch mittlerweile hört man kaum mehr etwas über die Krankheit. Daher stellet sich die Frage: Ist EHEC 2017 ausgemerzt?
Mitnichten! Denn der mutierte Typ des eigentlich harmlosen Darmbakteriums grassiert hierzulande immer noch. Erst im März diesen Jahres sind mehrere Berufsschüler aus Stade an dem Erreger erkrankt. Bundesweit gehen bei den Behörden pro Jahr 1.600 Meldungen über EHEC-Erkrankungen ein.
Wie kann EHEC 2017 noch leben?
Doch warum ist der Erreger immer noch nicht erfolgreich bekämpft und damit ausgestorben? Um diese Frage zu beantworten, muss man sich den Verbreitungsweg der Bakterien anschauen: EHEC stammt aus den Därmen von Rindern. Diese erkranken selbst nicht an dem Bazillus, sie scheiden ihn aber aus, wodurch er in die Milch oder auf das Fleisch gelangen kann. Über die Gülle kann der Erreger es in den Boden und darüber in den Nahrungskreislauf des Menschen schaffen.
Das Gefährliche: EHEC-Bakterien sind sehr widerstandsfähig. Selbst ein Gang durch eine Kläranlage kann ihnen nichts anhaben und so landen sie dann im Klärschlamm, der gerne als Düngemittel verwendet wird. Dieser Schlamm darf zwar nicht auf Feldern eingesetzt werden, auf denen Lebensmittel angebaut werden. Doch eine Garantie, dass der Bazillus darüber nicht doch auf Nahrungsmittel gelangt, kann niemand geben.
Die Gefahr lauert im Boden
Gerade die Tatsache, dass der Erreger sehr schnell mutiert und er mittlerweile länger als ein Jahr im Boden überleben kann, erhöht die Gefahr für eine weitere Verbreitung. Denn der EHEC-Forscher Herbert Schmidt von der Uni Hohenheim hat den Verdacht, dass der Erreger über die Wurzeln in Pflanzen eindringen kann.
Das Team um den Forscher untersucht gerade, ob der Darmkeim diesen Weg wirklich bewältigen kann. Die schlechte Nachricht: Unter Laborbedingungen scheint dies durchaus möglich zu sein. Für Schmidt besteht dennoch kein Grund zur Panik: „Die Freilandbedingungen sind natürlich variabel. Wir müssen sehen, ob es tatsächlich Umweltbedingungen gibt, bei denen Bakterien in die Pflanzen eindringen können“, sagte er gegenüber dem "SWR".
Herbert Schmidt ist nicht der einzige Wissenschaftler, der den Epidemie-Auslöser unter dem Mikroskop erforscht. Auch Prof. Dr. Helge Karch von der Uni Münster, der als EHEC-Papst gilt, untersucht den EHEC-Erreger seit geraumer Zeit. Der Wissenschaftler vermutet noch einen anderen Wirt ausgemacht zu haben, der die Krankheit verbreitet: den Menschen. Denn nicht jeder, der von den Bakterien befallen ist, erkrankt auch gleich daran, gibt ihn aber unter Umständen an seine Umwelt weiter. „Selbst wenn man Durchfall hat und beim Arzt ist, führt das nicht immer dazu, dass der Arzt eine Stuhlprobe auf EHEC untersuchen lässt,“ erklärte der Forscher in einem Interview mit den "Westfälischen Nachrichten".
So kann es also gut sein, dass der EHEC-Erreger immer noch grassiert, auch wenn er momentan keine medienwirksame Epidemie verursacht.
Schutz vor EHEC: Nicht einfach, aber möglich
Doch wie schafft man es, EHEC im Essen zu vermeiden? Letztendlich nur über die Zubereitung. Aber: Vermeintlich verseuchtes Gemüse zu waschen reicht nicht aus. Denn ein Bakterium, das ein Säurebad in einer Kläranlage übersteht, lässt sich durch Wasser auch nicht abschrecken. Am Ende hilft nur eines gegen die Keime: Hitze. Gart man das Essen mehr als zwei Minuten bei über 70 Grad, stirbt der Erreger ab.
Doch bei Rohkost besteht die Gefahr weiterhin. Insbesondere verzehrfertig abgepackte Salate sollten nicht mehr gegessen werden, wenn das Haltbarkeitsdatum überschritten ist.
Bereitet man Fleisch in der Küche zu, sollte man auf die Hygiene achten: Fleisch immer auf eigenen Küchenbrettern schneiden und diese idealerweise in der Spülmaschine waschen.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.