Dem "starken" Geschlecht hängt der Ruf an, weitaus häufiger einen Herzinfarkt zu erleiden als Frauen. Dafür gilt das "schwache" Geschlecht generell als anfälliger für Leiden wie Migräne, Erkältungen und Depressionen. Aber halten solche Klischees auch einer kritischen Überprüfung stand?
Laut Statistik Austria sind in Österreich im Jahr etwas mehr als ein Drittel aller Todesfälle bei Männern auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen zurückzuführen: 7,4 Prozent sterben an einem Herzinfarkt. Bei den Frauen hingegen sind es nur 4,9 Prozent. Allerdings sterben weit mehr an Herz-Kreislauf-Erkrankungen: durchschnittlich trifft es die Hälfte der Frauen. Seit den 80-er Jahren sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen zwar insgesamt um rund 10 Prozent zurückgegangen – die Zahl der Herzinfarkte mit Todesfolge hat sich sogar um rund die Hälfte gesenkt. Aber das Verhältnis zwischen Männern und Frauen ist ungefähr gleich geblieben. Dieses Klischee hat also Gültigkeit.
Ebenso scheint sich die sprichwörtliche Risikobereitschaft der Männer – etwa die Begeisterung für gefährliche Sportarten und der Hang, Gefahren zu bagatellisieren - tatsächlich negativ auf deren Gesundheit auszuwirken. Rund 1.500 Männer starben 2013 an Verletzungen oder Vergiftungen, davon 352 im Straßenverkehr. Bei den Frauen waren es etwa 1.000 und davon entfielen lediglich 107 auf den Straßenverkehr. Auch dieses Klischee entspricht also der Wahrheit.
Männer sind zufriedener mit ihrem Körper
Generell halten sich Männer für gesünder als Frauen, sie sind sorgloser und in der Folge weniger gesundheitsbewusst. Männer rauchen und trinken deutlich mehr und sie ernähren sich falsch. Treten Beschwerden auf, scheuen sie häufig den Weg zum Arzt. Laut Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger wurden 2013 nur 39 Prozent aller Vorsorgeuntersuchungen an Männern durchgeführt, fast zwei Drittel also an Frauen.
Männer gelten jedoch als stressresistenter und sie sind deutlich zufriedener mit Ihrem Körper. Das bewahrt sie zwar vor Erkrankungen wie Magersucht und Bulimie, erhöht aber andererseits ihre Anfälligkeit für Fettleibigkeit. Alles in allem schlägt sich der männliche Lebensstil in einer kürzeren Lebenserwartung nieder: Frauen werden durchschnittlich 82,7 Jahre alt, Männer können nur auf 77,3 Jahre hoffen. Es sei denn, sie sind verheiratet, denn das Eheleben kann (angeblich) sogar ein Plus von acht Lebensjahren bedeuten.
Frauen gehen öfter zum Arzt, sind aber auch gesünder
Der umfassende österreichische Frauengesundheitsbericht von 2011 weist nach, dass Frauen beim Auftreten von Krankheitssymptomen besorgter sind. Sie suchen auch bei vermeintlich leichten Beschwerden eher einen Arzt auf als Männer. Diese Einstellung hält sie langfristig auch im frauentypischen Umfeld einer Dreifachbelastung von Haushalt, Kindererziehung und Beruf gesund und schützt sie auch vor schwerwiegenderen Erkrankungen.
Dieses als "Gesundheits-Geschlechter-Paradoxon" bezeichnete Phänomen ist in der Gesundheitsforschung schon seit Jahrzehnten bekannt: Frauen sind öfter krank als Männer, leben aber länger. Allerdings ist das oft gebrauchte Klischee, dass Männer ihre eigene Erkrankung gerne besonders zelebrieren und diese als ganz besonders schwer empfinden, gibt es hingegen in keiner Untersuchung einen stichhaltigen Beweis.
Die meisten geschlechterspezifischen Gesundheitsklischees lassen sich also anhand von Fakten durchaus belegen. Wer diese nicht ernst nimmt, diskriminiert sowohl Frauen als auch Männer.
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