Seit elf Jahren werden Frauen in Österreich direkt angeschrieben und zur Untersuchung zur Früherkennung von Brustkrebs eingeladen. Eine aktuelle Studie sagt: völlig umsonst.

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2014 wurde in Österreich das zuvor lange geforderte qualitätsgesicherte Brustkrebs-Früherkennungsprogramm samt Einladungen an Frauen zur Teilnahme eingeführt. Es sollte die Entdeckung von Mammakarzinomen in einem früheren Stadium bewirken. Doch eine neue Studie aus Salzburg bringt erhebliche Zweifel. Auf Ebene der Bevölkerung besserte sich gegenüber der Zeit vor dem Programm nichts.

"Unsere Ergebnisse stützen nicht die Annahme, dass die Einführung des österreichischen Brustkrebs-Screening-Programms das Auftreten von Brustkrebs im fortgeschrittenen Stadium im Bundesland Salzburg im Vergleich zum zuvor etablierten opportunistischen Screening (kein Programm mit regelmäßigen Einladungen; Anm.) signifikant reduziert hat", fassten jetzt Simon Gampenrieder von der Universitätsklinik für Innere Medizin III in Salzburg und seine Co-Autoren, unter ihnen der führende Salzburger Onkologe Richard Greil und der steirische Sozialmediziner Martin Sprenger (MedUni Graz), in der Wiener Klinischen Wochenschrift (https://doi.org/10.1007/s00508-025-02508-8) ihre Studienergebnisse zusammen.

Vorweg: Die Aussagen gelten für die Bevölkerungsebene, also Frauen insgesamt. Trotzdem sollte natürlich möglichst jede Frau - in Österreich am besten im Alter zwischen 45 und 74 Jahren - regelmäßig zur Früherkennungsuntersuchung gehen, um ihr persönliches Risiko für eine fortgeschrittene Mammakarzinomerkrankung zu verringern.

Studie birgt erhebliche Sprengkraft

Trotzdem bergen die Forschungsergebnisse der Wissenschafter erhebliche Sprengkraft in sich. Jährlich erkranken in Österreich laut dem Sozialministerium rund 5.600 Frauen an einem Mammakarzinom. Etwa 1.600 Betroffene erliegen pro Jahr der Erkrankung trotz aller Fortschritte in der Therapie.

Viele Jahre wurden international auf Mammografie basierende Früherkennungsprogramme als extrem wichtig für das Senken der Brustkrebs-Sterblichkeit betrachtet und aus plausiblen Gründen gefordert. Je früher eine Krebserkrankung erkannt wird, desto besser und schonender ist sie behandelbar, die Heilungsraten seien dann höher, so die damaligen Aussagen.

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Nach einem solchen Effekt des österreichischen Brustkrebs-Früherkennungsprogramms im Bundesland Salzburg suchten jedenfalls die an der Studie beteiligten Wissenschafter. "Im Jänner 2014 wurde in Österreich ein bundesweites, qualitätsgesichertes Brustkrebs-Screening-Programm eingeführt. Um zu untersuchen, ob das Programm die Inzidenz (Häufigkeit der Diagnose pro Jahr; Anm.) fortgeschrittener Brustkrebsstadien reduziert, werteten wir Daten des Tumorregisters Salzburg aus, das alle im Bundesland Salzburg diagnostizierten Krebsfälle erfasst. (...) Eingeschlossen wurden Patientinnen mit Wohnsitz im Bundesland Salzburg und einer Erstdiagnose Brustkrebs zwischen 2010 und 2022. Für die Hauptziele wurden Patientinnen im Alter von 45 bis 69 Jahren mit bekannten Tumorstadien ausgewertet", schrieben die Fachleute jetzt in der wissenschaftlichen Zeitschrift.

Einladungen erfolgen alle zwei Jahre

Im Rahmen der wissenschaftlichen Untersuchung wurde die Häufigkeit der Verteilung im Rahmen von Mammografie-Untersuchungen festgestellter Mammakarzinome nach Größe und Stadien verglichen. Dies erfolgte für den Zeitraum zwischen den Jahren 2010 und 2013 (vor Einführung des Früherkennungsprogramms in Österreich) und für den Zeitraum 2016 bis 2019, also einen Zeitraum nach Etablierung des Projekts (https://www.frueh-erkennen.at), das auch auf Einladungen zur Untersuchung alle zwei Jahre aufbaut.

Freilich, die Analyse der Daten ergab auf Bevölkerungsebene wenig Positives. "Die Verteilung der Stadien 0 (Vorstadium; Anm.) bis IV (metastasierte Erkrankung; Anm.) unterschied sich zwischen 2010 bis 2013 und 2016 bis 2019 nicht signifikant", stellten die Autoren der Studie fest.

Zwar hätte sich der Anteil von Brustkrebs im Stadium IV an den Diagnosen von 9,4 Prozent auf 4,5 Prozent reduziert. Doch auch das bedeutete keine statistisch aussagekräftige Veränderung. "Es wurden keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen frühen Stadien (0 bis I; Vorstadium bis Tumor einer Größe unter zwei Zentimeter), fortgeschrittenen Stadien (II bis IV) und zwischen lymphknotennegativen (ohne Lymphknotenbefall; Anm.) und -positiven Fällen (Erkrankung mit Lymphknotenbefall; Anm.) festgestellt", betonten die Wissenschafter.

Keine signifikanten Unterschiede zu der Zeit vor der direkten Ansprache

So war vor der Einführung des Screening-Programms in Salzburg bei 12,2 Prozent der Fälle eine Mammakarzinom-Vorstufe entdeckt worden, nach Etablierung des Programms lag dieser Anteil bei 13,4 Prozent. Auf das Stadium I entfielen vor "früh erkennen" 44,1 Prozent der Diagnosen, im späteren Vergleichszeitraum waren es 46,2 Prozent. Für das Stadium II betrugen die Anteile 28,2 Prozent bzw. 29 Prozent, für das Stadium III 6,1 Prozent bzw. 6,9 Prozent (Stadium IV: nicht signifikante Abnahme von 9,4 Prozent auf 4,5 Prozent).

Das österreichische Brustkrebs-Früherkennungsprogramm sollte auch zu einer besseren Inanspruchnahme und einer mehr ausgeglichenen Teilnahmerate von Frauen verschiedener Bevölkerungsschichten führen.

Die Autoren der Studie stellten dazu fest: "Weder Alter noch Stadt-/Landwohnsitz hatten einen wesentlichen Einfluss auf das Tumorstadium." Interessanterweise sei die Erkrankungsrate bei Brustkrebs insgesamt in Salzburg etwas, wiederum statistisch nicht signifikant, gesunken (von 245,7 auf 229,8 Fälle pro 100.000 Einwohner und Jahr in den beiden ausgewerteten Zeiträumen).

Teilnahme am Programm ist relativ gering

Auch bei Inanspruchnahme der Brustkrebs-Früherkennungsuntersuchungen zeigten sich zwischen der Zeit vor dem strukturierten Früherkennungsprogramm und danach keine Unterschiede, so die Ergebnisse der wissenschaftlichen Studie: "Von den eingeladenen Frauen im Bundesland Salzburg nahmen zwischen 2014 und 2021 konstant 45 Prozent am Screening-Programm teil. Unter Berücksichtigung diagnostischer Mammografien errechnet sich eine Mammografie-Versorgungsrate für Frauen im Alter von 45 bis 69 Jahren von 51 Prozent, was sich kaum von der geschätzten Rate von 55 Prozent während des unorganisierten, opportunistischen Brustkrebs-Screenings unterscheidet, das vor Beginn des nationalen Screening-Programms durchgeführt wurde."

Die wissenschaftliche Untersuchung gibt keinen Hinweis darauf, ob die Etablierung des österreichischen Brustkrebs-Früherkennungsprogramms in der untersuchten Region (Bundesland Salzburg) zu einer Senkung der Mammakarzinom-Sterblichkeit geführt hat. Das hat einen guten Grund, wie die Wissenschafter schrieben: "Wir konzentrierten uns auf das Krankheitsstadium bei der Diagnose, da dieser Parameter im Gegensatz zur Mortalität nicht von der Behandlung beeinflusst wird und somit einen direkteren Einblick in die Effektivität des Screenings erlaubt."

Brustkrebs kann besser behandelt werden

Der Hintergrund: Die in den vergangenen Jahren immer mehr verbesserten Therapien bei Brustkrebs haben zum Teil dazu geführt, dass sich die Häufigkeit der Erkrankung und die Sterbeziffern auseinander entwickelt haben.

Die Wissenschafter: "Eine aktuelle Simulationsstudie aus den USA deutet darauf hin, dass die Senkung der Brustkrebsmortalität um 58 Prozent in den USA zwischen 1975 und 2019 hauptsächlich auf verbesserte Behandlungen für Brustkrebs im Stadium I bis III (47 Prozent) zurückzuführen ist, während das Screening einen wesentlich geringeren Beitrag leistete (25 Prozent)."

Bis Ende 2022 standen Frauen zwischen 45 und 69 Jahren im Fokus des österreichischen Früherkennungsprogramms, die Altersgrenzen wurden seit Jänner 2023 auf 45 bis 74 Jahre ausgeweitet. "Diese Altersgruppe hat das größte Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, aber nur rund 41 Prozent davon nutzen derzeit die Mammografie zur Früherkennung. Für die Durchführung einer Früherkennungsmammografie ist die E-Card für alle Frauen dieser Altersklasse automatisch freigeschaltet", heißt es dazu auf der Homepage des Gesundheitsministeriums.

Zusätzlich erhalten alle Frauen zwischen 45 und 74 Jahren alle zwei Jahre eine Einladung, wieder eine Mammografie durchführen zu lassen. Wahrscheinlich würde in Österreich bei dem bestehenden Programm vor allem eine drastisch höhere Beteiligung der Frauen zu positiven Konsequenzen führen. (APA/bearbeitet von ank)