Vergesslichkeit ist nicht immer gleich eine Demenz. Und Demenz ist nicht immer unbedingt Alzheimer. Eine Diagnose ist extrem wichtig, denn: In bestimmten Fällen kann Demenz behandelbar sein.

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Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Alzheimer und Demenz? Einfach gesagt: Während Alzheimer der Name für eine ganz bestimmte Krankheit ist, steht der Begriff "Demenz" laut Deutscher Alzheimer Gesellschaft e. V. Selbsthilfe Demenz für ein Muster von Symptomen.

Der Begriff "Demenz" kommt aus dem Lateinischen (de = "weg von", mens = "Geist") und bedeutet übersetzt "ohne Geist/Verstand". In der Medizin meint der Begriff einen mindestens sechs Monate andauernden und typischerweise fortschreitenden Zustand, bei dem die Fähigkeiten des Gedächtnisses, des Denkens und anderer Leistungsbereiche des Gehirns beeinträchtigt sind und dies Auswirkungen auf den Alltag hat.

Was deutet auf eine Demenz hin?

Manchmal wird eine Demenz auch zu Unrecht befürchtet. Viele Menschen machen sich im Alter Sorgen, wenn sie Termine vergessen oder Dinge verlegen. Bei einer Demenz ist aber das Denk- und Urteilsvermögen beeinträchtigt und Alltagsaufgaben können nicht mehr wie früher bewerkstelligt werden.

Tatsächliche Warnsignale sind daher eher, wenn das Kurzzeitgedächtnis über einen längeren Zeitraum gestört ist oder man einen Termin nicht nur vergisst, sondern beispielsweise gar nicht mehr weiß, dass man ihn ausgemacht hat.

Typisch sind außerdem Störungen bei Wortfindung oder räumlicher und zeitlicher Orientierung ("Welche Tageszeit ist gerade?"). Häufig sind, auch je nach Stadium der Erkrankung, räumliche Leistungen beeinträchtigt, zum Beispiel: Auto einparken, Krawatte binden, Kleidung anziehen.

Neben einer Einschränkung der geistigen Fähigkeiten kann es auch zu starken Stimmungsschwankungen kommen, auch sozialer Rückzug oder dass man Gesprächen nicht mehr folgen kann, sind klassische Anzeichen.

Experten raten allerdings, unbedingt einen Arzt oder eine Ärztin aufzusuchen, da es für viele dieser Symptome auch ganz andere Gründe geben kann: Überlastung, eine Depression, Vitaminstoffwechselstörungen oder Unterfunktion der Schilddrüse können vorliegen. Möglicherweise handelt es sich auch um eine strukturelle Veränderung des Gehirns, etwa um einen Tumor, der eine Operation erforderlich macht.

Aus diesem Grund empfiehlt die gemeinsame Demenz-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und der Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) bei Verdacht auf eine Demenz ein Kernspintomogramm des Kopfes (MRT).

Wie viele Menschen sind betroffen?

Experten gehen davon aus, dass rund die Hälfte der Menschen mit Demenz keine offizielle Diagnose erhält. Deshalb sind die Zahlen geschätzt, nach denen in Deutschland 1,8 Millionen Menschen mit Demenz leben, die meisten von ihnen haben Alzheimer; die Krankheit macht rund 60 Prozent der Demenzfälle insgesamt aus. Da mehr Menschen neu erkranken als sterben, wird sich die Zahl der Demenzkranken gemäß Prognosen bis 2050 auf bis zu 2,8 Millionen erhöhen.

Alarmierende "Zahl der Woche": Todesfälle fast verdoppelt

  • Zum Welt-Alzheimertag am 21. September teilt das Statistische Bundesamt (DESTATIS) mit, dass sich die Zahl der Todesfälle wegen Alzheimer von 2003 bis 2023 fast verdoppelt hat. 2023 starben rund 10.100 Menschen in Deutschland an einer Alzheimer-Erkrankung, 2003 waren es 5.100. Das ist ein Anstieg von 96 Prozent in 20 Jahren.
  • Mehr als die Hälfte (53 Prozent) der im Jahr 2023 an Alzheimer Verstorbenen war 85 Jahre und älter. Rund zwei Prozent der Verstorbenen waren jünger als 65 Jahre.

Interessant sind die Unterschiede nach Bundesländern: Den höchsten Anteil von Menschen mit Demenz an der Gesamtbevölkerung haben Länder im Osten des Landes, allen voran Sachsen und Sachsen-Anhalt mit 2,5 Prozent und Thüringen mit 2,4 Prozent. Am niedrigsten ist der Anteil von 1,7 Prozent in Hamburg und Berlin.

Was ist das Typische an Alzheimer?

Alzheimer ist eine sogenannte neurogenerative Erkrankung des Gehirns. Neurogenerativ nennen Mediziner Vorgänge, die den Verfall des Nervensystems betreffen. Bei Alzheimer gehen Nervenzellen im Gehirn verloren und Eiweißstoffe - konkret die Proteine Beta-Amyloid und Tau -, die aus Nervenzellen stammen und fehlerhaft verarbeitet werden, lagern sich ab.

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Das Gehirn besitzt die erstaunliche Fähigkeit, die langsam eintretenden Schädigungen noch lange auszugleichen. Heute weiß man, dass sich erste Symptome erst zeigen, deutlich nachdem es bereits zu Eiweiß-Ablagerungen im Gehirn gekommen ist. Forscher gehen hier von Jahrzehnten aus.

Typisch sind ein schleichender Beginn und eine allmähliche Verschlechterung der geistigen Fähigkeiten. Rein körperliche Symptome zeigen sich erst einmal nicht. Die Gedächtnisprobleme beziehen sich zunächst vor allem auf jüngste Ereignisse. Der größte Risikofaktor für Alzheimer ist das Alter. Es gibt auch genetische Varianten, diese sind allerdings seltener.

Welche Formen der Demenz sind neben Alzheimer noch häufig?

Nicht immer ist bei einer Demenz die Vergesslichkeit das erste typische Symptom. Laut der Initiative Alzheimer-Forschung gibt es rund 65 Formen von Demenz, teilweise treten auch Mischformen auf. Oft verändern sich das zwischenmenschliche Verhalten und der Antrieb. Die Symptome können sich unterscheiden, je nach Demenzform.

Vaskuläre Demenz

Vaskuläre Demenz ist nach Alzheimer die zweithäufigste Form der Demenz: "Vaskulär" bedeutet "die Blutgefäße betreffend", sie wird also durch eine Durchblutungsstörung im Gehirn ausgelöst. Ärzte können die Schäden auf MRT-Scans sehen.

Typische Symptome sind Aufmerksamkeits- und Konzentrationsschwierigkeiten und verlangsamtes Denken. Körperlich äußert sich die Erkrankung etwa durch Koordinationsprobleme und Probleme beim Gehen schon in einem frühen Stadium der Krankheit (während dies bei Alzheimer typischerweise erst später der Fall ist).

Eine mögliche Ursache für ein plötzliches Auftreten sind Schlaganfälle. Kommen die Symptome schleichend, können Arterienverkalkung, Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen der Grund sein. Risikofaktoren sind Bluthochdruck, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Rauchen.

Frontotemporale Demenz

Frontotemporale Demenz (früher auch Morbus Pick genannt – heute nennen Fachleute nur noch eine kleine Untergruppe der Frontotemporalen Demenz so) wird auch als "Demenz der Jungen" bezeichnet, da rund 70 Prozent der Erkrankten zu Beginn jünger als 65 Jahre alt sind. Der Schauspieler Bruce Willis leidet an dieser Krankheit. Als die Diagnose bekannt wurde, war er 67 Jahre alt.

Diese Form der Demenz ist selten und schreitet schnell fort. Typisch ist, dass die Erkrankten körperlich erst einmal noch gesund wirken. Zunächst stehen - und das ist ein großer Unterschied zu Alzheimer - weniger Gedächtniseinbußen, sondern sehr häufig Veränderungen der Persönlichkeit am Beginn: Die Betroffenen sind unerwartet gleichgültig, zeigen weniger Empathie, verlieren Antrieb.

Häufig wird diese Form der Demenz mit einer psychischen Erkrankung wie Depression, Manie oder Schizophrenie verwechselt. Auch Sprachstörungen sind typisch. Bilder vom Gehirn können in einigen Fällen eine Minderung des Hirnvolumens im Stirnhirn (Frontalhirn) zeigen, denn hier werden bei der Krankheit Nervenzellen abgebaut. Innerhalb von betroffenen Familien kommt es zu einem gehäuften Auftreten der Krankheit. Auch Stoffwechselerkrankungen könnten ein Risikofaktor sein.

Lewy-Körperchen-Demenz

Diese Form der Demenz ist benannt nach Friedrich Heinrich Lewy, der ein Mitarbeiter von Alois Alzheimer war, nach dem die Krankheit benannt ist. Die Lewy-Körperchen-Demenz macht fünf bis zehn Prozent aller Demenz-Erkrankungen aus.

Auslöser sind wie bei der Alzheimer-Krankheit ebenfalls krankhafte Ablagerungen von fehlgefalteten Eiweißen in den Nervenzellen des Gehirns. Allerdings handelt es sich bei den meisten Patienten um ein anderes Eiweiß, nämlich das Eiweiß Alpha-Synuclein, wohingegen bei der Alzheimer-Krankheit die Eiweiße Beta-Amyloid und Tau fehlgefaltet im Gehirn abgelagert vorliegen.

Es gibt eine Reihe von typischen Symptomen, die sich mit der Zeit ändern können. Typisch sind Gedächtnisstörungen, im Verlauf des Tages stark schwankende geistige Leistungsfähigkeit, Verwirrtheit und Halluzinationen, jedoch auch Bewegungsstörungen, wie sie für die Parkinson-Krankheit typisch sind: steife Muskeln und Zittern der Hände.

Nach Einschätzung von Experten wird sie häufig nicht richtig diagnostiziert, da sie anderen Demenzformen ähnelt. Eine Abgrenzung von anderen Formen kann die Diagnose erleichtern, aber es gibt keine sichere Methode. Der Schauspieler Robin Williams etwa war daran erkrankt und wusste es nicht, auch bei ihm wurde die Demenzform erst nach seinem Tod festgestellt.

Reversible Hirnleistungsstörungen

Ja, auch sie gibt es - deshalb ist es bei Demenz-Symptomen so wichtig, die Ursache zu klären. Reversibel bedeutet, dass etwas umkehrbar oder wiederherstellbar ist. Einer solchen Hirnleistungsstörung können zum Beispiel Grunderkrankungen zugrunde liegen, die heilbar sind.

Reversible Demenzen sind zum Beispiel:

  • Altershirndruck (zu viel Nervenwasser drückt auf das Gehirn, dies kann durch eine Operation behoben werden)
  • Delir/Delirium (akuter Verwirrtheitszustand tritt plötzlich auf, etwa bedingt durch Stress)
  • Schock
  • Hirntumor
  • Vitaminmangelkrankheiten
  • Depressionen

Sogar Wechselwirkungen von Medikamenten können zu Hirnleistungsstörungen führen, bei entsprechenden Symptomen sollte man also immer zum Arzt gehen.

Wie wird Alzheimer diagnostiziert?

Tatsächlich gibt es zu Lebzeiten keine zu 100 Prozent sichere Diagnose. Alzheimer lässt sich mit endgültiger Gewissheit nur durch Untersuchung des Gehirns nach dem Tod feststellen.

Die klinische Diagnose ist aber mit mehr als 80-prozentiger Sicherheit zutreffend. Bildgebende Verfahren - Computertomogramm (CT) oder Kernspintomogramm (MRT) - müssen nicht zwangsläufig Ergebnisse bringen, sind aber zum Ausschluss anderer Ursachen unverzichtbar. Je nach Stadium können aber Schädigungen auf diesen Abbildungen vom Gehirn sichtbar sein. Auch andere Ausschlussdiagnostik ist wichtig, etwa ob die Schilddrüse richtig arbeitet oder eine Stoffwechselerkrankung.

Besteht der Verdacht auf Alzheimer, befragt der Arzt den Betroffenen und Angehörige, welche Verhaltensänderungen zu beobachten sind. Dann kommen spezielle Tests zum Einsatz, etwa der "Mini Mental Status Test" mit Fragen und Aufgaben, um Gedächtnis, Denkvermögen, Sprache und Wahrnehmungsfähigkeit zu überprüfen.

Viel über die geistigen Fähigkeiten sagt auch schon der "Uhrentest" aus, bei dem neben der Gedächtnisleistung die Raumwahrnehmung geprüft wird: Die betroffene Person soll eine Uhr zeichnen und dann mit dem Stunden- und Minutenzeiger eine bestimmte Zeit eintragen. Ein dritter bekannter Test ist der DemTect-Test, der in Interviewform auch prüft, wie flüssig noch gesprochen wird.

Seit wenigen Jahren ist es auch möglich, im Nervenwasser eines Alzheimer-Kranken die typischen Eiweiße Beta-Amyloid und Tau zu erkennen. Diese Untersuchung ermöglicht es, Alzheimer auch schon in einem frühen Stadium deutlich sicherer zu erkennen als mit anderen Verfahren.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Alzheimer ist bislang nicht heilbar. In Japan, China und den USA werden Patienten bereits mit dem Medikament Lecanemab behandelt, das das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen soll. Zugelassen ist es darüber hinaus in Südkorea, Hongkong und Israel. Die EU-Arzneimittelbehörde lehnte es unlängst wegen möglicher Nebenwirkungen jedoch ab, was Fachleute hierzulande überraschte.

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Derzeit kommen bei Alzheimer nur Medikamente zum Einsatz, die die Symptome allenfalls lindern können. An weiteren Therapiemöglichkeiten wird intensiv geforscht. Einen Schutz vor Alzheimer gibt es also nicht, jedoch lässt sich das Risiko einer Demenz durch gesunden Lebensstil beeinflussen. Dazu gehören:

  • geistige, körperliche und soziale Aktivität
  • Rauchverzicht
  • ausgewogene, vitaminreiche, fett- und cholesterinarme Ernährung, möglichst ungesättigte Fettsäuren
  • Behandlung von Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen, Diabetes Mellitus, Schwerhörigkeit und nachlassender Sehkraft

Die sogenannte Lancet-Kommission zum Thema Demenz sorgte hier erst kürzlich mit einer neuen Einschätzung für Aufsehen. 45 Prozent aller Demenzfälle ließen sich verhindern oder zumindest verzögern, hieß es. Die Kommission listete zur Vorbeugung auch Behandlung von drohendem Sehverlust sowie eines zu hohen Cholesterinspiegels auf.

Warum heißt Alzheimer eigentlich so?

Benannt ist die Krankheit nach dem deutschen Arzt Alois Alzheimer (1864 bis 1915). Im Jahr 1906 hielt er einen Vortrag, in dem er das "eigenartige Krankheitsbild" seiner Patientin Auguste D. beschrieb. Sie wies auffallende Gedächtnisschwäche auf, die mit Desorientierung und Halluzinationen verknüpft war. Alzheimer obduzierte die Frau, die mit nur 55 Jahren gestorben war, und entdeckte, dass die Hirnrinde dünner war als normal. Zudem fand er Ablagerungen eigentümlicher Stoffwechselprodukte in Form von Plaques. Mit einem neuartigen Färbemittel konnte Alzheimer erstmals auch eine Veränderung der Neurofibrillen nachweisen.

Bemerkenswert: Die pathologische Diagnose der Alzheimer-Krankheit beruht bis heute auf den gleichen Untersuchungsmethoden, die Alzheimer 1906 erstmalig benutzte. Er selbst starb mit nur 51 Jahren an den Folgen einer Infektionskrankheit, die sein Herz angegriffen hatte.

Sie haben Gedächtnisprobleme?

  • Hilfe und Möglichkeiten zur Diagnose bieten sogenannte Gedächtnisambulanzen, Memory-Kliniken oder Gedächtnissprechstunden. Einen Überblick und eine Anlaufstelle in Ihrer Nähe (über Eingabe der Postleitzahl) finden Sie auf der Seite Alzheimer Forschung Initiative e.V.

Verwendete Quellen

Scans von einem Gehirn

Neuer Sprachtest soll Demenz erkennen

Ein neues Computerprogramm soll Veränderungen in der Sprachmelodie analysieren und so Anzeichen von Alzheimer und Demenz erkennen.
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

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