Selbst als die Kinostreifen noch stumm waren und heftig ruckelten, war es im Vorführraum nicht still. Die schnellen Hände von Pianisten untermalten die Bilder von Grausamkeit, Alltagsfrust oder heißer Liebe. Seitdem hat sich viel getan, Filme sind längst nicht mehr nur schwarz, weiß oder grau und der Ton kommt nicht mehr von einer separaten Quelle.

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Das digitale Zeitalter beschert dem Heimkino ein Klangerlebnis, das der realen Welt immer näher kommt. © dpa

Das digitale Zeitalter beschert dem großen Kinosaal wie auch dem Heimkino ein Klangerlebnis, das der realen Welt immer näher kommt. Dafür stehen die Soundformate DTS (Digital Theater System), Dolby Digital wie auch das weitaus aufwändigere - gerade einmal drei Jahre alte - Iosono zur Verfügung, bei dem der dreidimensionale Klang überall im Raum die gleich gute Qualität besitzt.

Um einen räumlichen Klang zu erzeugen, wird das Signal bei der Aufnahme auf unabhängigen Spuren aufgezeichnet, die dann ebenso getrennt voneinander wiedergeben werden. Bei dem beliebten 5.1-System - egal ob DTS oder Dolby - stellt der Heimkino-Besitzer insgesamt sechs Boxen auf: vorne links, zentral, vorne rechts, hinten links und hinten rechts. Die Position der Subwoofer-Box oder des LFE-Kanals (Low Frequency Effect) ist grundsätzlich egal, weil das menschliche Ohr niedrige Frequenzen nicht orten kann.

Mit sechs Boxen zum räumlichen Klang

Die Positionierung der fünf anderen Boxen ist eine Wissenschaft für sich. Um die Speaker auszurichten, muss der Nutzer zu erst den "Sweat Spot" festlegen. Denn bei DTS und Dolby Digital hängt der räumliche Hörgenuss im Gegensatz zum teuren Iosono von der Entfernung der Tonquelle ab. Wer also wirklich realistisch hören will, wie ein Flugzeug im Tiefflug über die Filmakteure brettert, muss einen Lieblingsplatz festlegen.

Stehen im Heimkino die Boxen wahllos im Raum verteilt, gibt es verwirrende Echos und sich überschneidene Effekte. Deswegen sollte der Center, aus dem etwa bei "Star Wars" Darth Vader sein mechanisches Atmen ertönen lässt, auf Ohrenhöhe dicht beim TV-Gerät oder der Leinwand stehen. Die beiden vorderen Seiten-Speaker, die das Summen der Lichtschwerter transportieren, sollten jeweils zwei Meter entfernt von der Bildquelle stehen. Die hinteren beiden Effekt-Lautsprecher werden im gleichen Abstand zum Kopf positioniert.

Wenn die Boxen fürs erste auf ihrem Platz stehen, beginnt der Feinschliff. Mit der entsprechenden Test-Software für den Computer oder dem Speaker-Setup vom Receiver kann der User die Lautsprecher einzeln ansprechen und damit optimal ausrichten. Dafür gilt folgende Faustregel: Für jede 30 Zentimeter, die den Abstand zwischen den Haupt- und Effektboxen verringern, entsteht eine Zeitverzögerung von einer Millisekunde. Schon diese minimalen Abweichungen können unangenehme Echos erzeugen.

Dann kommt die abschließende Prüfung: Audio-Video-Receiver der neuesten Generation bieten ein Test-Rauschen an, bei dem der Verstärker auf jede Box dasselbe Signal legt. Ist im "Sweat Spot" das Rauschen gleichlaut zu hören, stimmt die Ausrichtung. Das ist aber erst das kleine Einmaleins des Raumklangs.

Im Raum der Klangmöglichkeiten

Außer der rein technischen Positionierung der Speaker spielt für den Klang auch der Raum selbst eine entscheidende Rolle. Es ist ein gewaltiger Unterschied, ob die Anlage in einer großen Fabrikhalle mit Betonwänden oder in einem gut gefüllten um einiges kleineren Wohnzimmer steht. Das macht sich bei der Nachhallzeit bemerkbar: Schaltet man eine Klangquelle abrupt ab, entsteht für eine gewisse Zeit ein Echo. Je höher der Ursprungston war, umso schneller verebbt der Hall. Ultratiefe Bässe von Techno oder Hip Hop sind also länger zu hören.

Die Nachhallzeit ist außerdem vom Raum abhängig. In "trockenen" Zimmern setzt sich etwa kräftiges Händeklatschen deutlich wahrnehmbar fort. Dadurch kann es sein, dass beispielsweise die Stimme von Westernheld John Wayne seltsamerweise hinter einer Mauer ertönt. Diffusoren, die bestimmte Klangbereiche zerstreuen, helfen solche Verfälschungen zu verhindern. Da Diffusoren aber hässlich aussehen, ist es optisch angenehmer, einen Teppich oder volle Bücherregale in dem Heimkino zu platzieren, weil auch sie Schall schlucken.

Um das "Home Cinema" optimal auszugestalten, bieten Audioshops Messgeräte oder Simulationssoftware für verschiedene Zimmer-Profile an. Diese Hilfsmittel können auch feststellen, dass die Nachhallzeit zu kurz ist, also bestimmte Frequenzbereiche gar nicht zu hören sind. Dann müssen der Teppich oder das Bücherregal weichen. Es könnte aber auch sein, dass die bauliche Substanz Grund für die schlechten Werte ist: Jetzt also nichts wie raus mit der Trockenbauwand, die besonders Schallquellen mit niedriger Hertzzahl auslöscht.

Für den guten Ton im Pantoffel-Kino sorgt die Kombination aus AV-Receiver (AV steht für Audio-Video) und Boxen. Dabei wird in dem Receiver, den der HiFi-Freak auch noch in eine Vor- und eine Hauptstufe aufsplitten könnte, das Signal verstärkt und an die Lautsprecher abgegeben. Egal ob Aktiv- oder Passivbox sollte der Filmvorführer in den eigenen vier Wänden auf die Kompatibilität von Verstärker und Speaker achten. Denn ein Receiver mit digitalen Ausgängen nützt dem Cinema-Fan erstmal nichts, wenn die Boxen analoge Eingänge haben. Dann hilft nur ein Decoder, der das Signal wandelt, wodurch aber die Qualität leidet.

Da mittlerweile digitale Anschlüsse Standard sind, sollten die Heimkino-Geräte nicht ausschließlich auf analoge Signale ausgerichtet sein. Wer für sein Heimkino auf einen Fernseher setzt, sollte außerdem beim Boxenkauf auf die elektromagnetische Abschirmung achten. Sind die Speaker nicht entsprechend isloiert, kann das TV-Gerät beschädigt werden. Darüber hinaus gelten dieselben Spielregeln wie bei jeder Audio-Anlage auch: Es gibt eine unüberschaubare Zahl an Möglichkeiten, die vor allem vom Budget abhängen.

Wie bei vielen anderen technischen Apparaten gibt es auch im Audio-Sektor des Heimkinos Billigvarianten, die etwa AV-Receiver und DVD-Player miteinander vereinen und auch gleich noch die Lautsprecher dazu liefern. Solche Produkte gibt es schon für unter 500 Euro. Wer aber Wert auf eine außergewöhnliche Qualität setzt, kann alleine schon für die Boxen mehrere 1000 Euro ausgeben. Mit entsprechendem Vor- und Hauptverstärker, hervorragendem TV-Gerät oder Projektor und Kino-Möbeln kann so ein "Home Cinema" schnell 20.000 Euro kosten.

So klingen jedoch auch ohne Bild die neuen Audio-Aufnahmen mit Anna Netrebko, der Livemitschnitt der Rolling-Stones oder das Album von Arcade Fire wie mittendrin statt nur dabei. Mit einem Betrag von 10.000 Euro kann der Heimkino-Betreiber eine immer noch beachtliche Qualität erreichen. Wer nur weniger investieren will oder kann, muss allerdings qualitative Abstriche machen.

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