Berlin (dpa/tmn) – Eine Zukunftsvision aus Science-Fiction-Filmen ist Virtual Reality (VR) längst nicht mehr. Wer will, kann im eigenen Wohnzimmer in virtuelle Welten abtauchen - vorausgesetzt, das nötige Kleingeld ist vorhanden.
Denn wer ernsthaft in Virtueller Realität spielen und Videos schauen möchte, sollte in eins der Profi-Geräte investieren. Und so unterschiedlich die sind, etwas haben alle gemeinsam: einen vergleichsweise hohen Preis.
Trotzdem ist das Interesse an den Geräten groß. Einer YouGov-Umfrage im Auftrag des Bundesverbandes Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) zufolge will ein Drittel der Internetnutzer in Deutschland (32 Prozent) künftig VR-Brillen für digitale Spiele nutzen. Zurzeit gibt es dabei im Wesentlichen vier Geräte: Samsungs Gear VR für passende Smartphones, HTC Vive und Oculus Rift als Zubehör für den PC sowie Sonys Playstation VR für die Playstation 4.
Dazu kommen kleine VR-Varianten wie Google Cardboard. Dafür brauchen Neugierige nur ein Smartphone und ein entsprechendes Pappgestell, das es schon ab 15 Euro gibt. Klar, dass die Erwartungen bei solchen Preisen nicht zu hoch sein sollten. "Die ganz einfachen Lösungen für VR sind eher ein Gimmick", sagt Niklas Wilke, Digitalexperte bei der Unternehmensberatung PwC.
Zum Hineinschnuppern in virtuelle Welten sind Google Cardboard und Co. aber vielleicht genau das Richtige. Eine Mischform zwischen Hightech-Brille und Smartphone-Peripherie ist die Samsung Gear VR. Die gibt es schon für unter 100 Euro, nutzen lässt sie sich aber nur in Kombination mit einem aktuellen Galaxy-Smartphone wie dem Note 5, dem S6 oder neueren Modellen. Wer so ein Gerät nicht ohnehin besitzt, sollte für den Kauf mindestens 300 Euro einplanen. Dafür bekommen Käufer allerdings eine Kombi, die bereits ein gutes Gefühl der Möglichkeiten von VR vermittelt.
In Sachen Auflösung, Blickfeld und Software-Bibliothek haben Oculus Rift und HTC Vive aber deutlich mehr zu bieten – was sich die Hersteller auch gut bezahlen lassen: Die Rift kostet um die 700 Euro, die Vive sogar 900 Euro, sie bietet aber auch etwas mehr. So liegen der HTC-Brille spezielle Controller bei, die Greif-Bewegungen simulieren. Ähnliche, etwas kompaktere Controller für die Oculus Rift sind in Arbeit, sollen aber erst Ende des Jahres erscheinen.
"Technisch nehmen sich die beiden Lösungen nicht viel", sagt Martin Fischer, Redakteur der Computerzeitschrift "c’t". "Der Unterschied ist eher das Software-Angebot und das Roomscale-Feature der Vive." Mitgelieferte Sensoren des HTC-Geräts erfassen, wo sich der Nutzer im Raum befindet. So können sich Spieler, die den nötigen Platz zu Hause haben, beim Zocken frei durch den Raum bewegen.
Doch Rift und Vive sind nicht alleinstehend. Sie brauchen auch einen leistungsfähigen, also teuren Rechner. "Der Hardwarehunger ist schon sehr groß", sagt Fischer. Schließlich muss der PC, der die virtuellen Welten generiert, nicht nur hochauflösende Bilder erstellen. Er muss das auch sehr schnell tun. "VR erfordert eine sehr hohe Bildwiederholrate von 90 Hertz", sagt Fischer. Niedrigere Frequenzen nimmt das menschliche Auge in VR als störend wahr, empfindlichen Spielern kann dabei sogar übel werden. Bei regulären Spielen auf PC oder Konsole gelten dagegen schon 60 Hertz als sehr flüssig.
Damit VR auf einem PC flüssig läuft, braucht er vor allem eine schnelle und teure Grafikkarte, sagt Fischer. "Beim Prozessor reicht dagegen schon Mittelklasse." Hinzu kommen weitere Anforderungen wie 8 GB Arbeitsspeicher und mehrere freie USB-Ports für die VR-Brille und das Zubehör.
Theoretisch lässt sich ein solcher Rechner schon für knapp unter 1000 Euro zusammenstellen. "Damit erfüllt man dann aber nur die Mindestanforderungen", so Fischer. "Die aktuelle, nicht besonders anspruchsvolle Software lässt sich damit gut spielen. Die Frage ist nur, wie zukunftsfähig das ist." Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte in seinen VR-PC also deutlich mehr investieren – oder darauf vorbereitet sein, demnächst nachzurüsten.
Insgesamt günstiger ist Sonys Playstation VR, zumindest auf den ersten Blick: Die aktuelle Playstation 4 kostet um die 300, die VR-Brille selbst 400 Euro. Dazu kommen noch 50 Euro für die Playstation-Kamera, ohne die Sonys VR-Lösung nicht funktioniert, und 40 Euro pro Stück für die sogenannten Move-Controller, mit denen viele Spiele mehr Spaß machen sollen. Allerdings bleibt noch abzuwarten, ob Playstation VR in Sachen Qualität und Spiele-Angebot tatsächlich mit den Konkurrenten mithalten kann.
Die für Oculus Rift und HTC Vive erhältliche Software hat den Branchenexperten Niklas Wilke allerdings auch noch nicht überzeugt. "Die existierenden VR-Spiele sind oft noch eher kleine Sachen", sagt er. "Umfangreiche Titel gibt es für VR einfach noch nicht." Er rät Verbrauchern daher, mit dem Einstieg in die VR-Welt noch zu warten. "Einerseits wird die Technologie noch deutlich besser werden, andererseits werden die Preise fallen - genau wie es jahrelang bei den Smartphones war." © dpa
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