Las Vegas (dpa) - Eine Waschmaschine, die selbst das Waschmittel nachbestellt. Ein Kühlschrank mit eingebauter Kamera, die man von unterwegs aktivieren kann.
Dass im Haushalt alles vernetzt und digitalisiert wird - an diese gebetsmühlenartig wiederholte Prognose konnte man sich schon gewöhnen. Zur diesjährigen Messe CES in Las Vegas ist die Entwicklung soweit fortgeschritten, dass man einen Vorgeschmack darauf bekommt, wie diese hypervernetzte Zukunft aussehen könnte.
Und der Eindruck ist: Viele Hersteller probieren am Verbraucher aus, ob alles technisch machbare auch sinnvoll ist. Da ist zum Beispiel der Kühlschrank von LG, bei dem die Tür automatisch aufspringt, wenn man nur den Fuß unter sie hält. Eine praktische Funktion, wenn man gerade in der Küche die Hände voll hat? Oder im Alltag eher nervig, weil am Ende dann doch häufiger ungewollt der Kühlschrank offen steht, nur weil man wieder einmal zu dicht an die Tür kam?
Eine andere Kühlschrank-Idee von LG: Kurz anklopfen, und er sagt zwar nicht "Herein!", aber ein Glas-Panel in der Tür wird durchsichtig, damit man sich ein Bild vom Inhalt machen kann, ohne warme Luft reinzulassen. Klingt sinnvoll - wie oft man die Funktion tatsächlich nutzen wird, wird sich aber erst im Alltags-Gebrauch zeigen.
Überhaupt toben sich die Anbieter dieses Jahr an Kühlschränken aus. Samsung verpasste seinem Top-Modell eine Art Riesen-Tablet in der Tür, einen Touchscreen mit 21,5 Zoll Bildschirmdiagonale. Darüber soll man zum Beispiel gleich Lebensmittel nachbestellen können.
Der Bezahldienst Mastercard, der sich über sein Kreditkarten-Business hinaus in neue Geschäftsmodelle drängt, ist mit der Shopping-App an Bord. Aber wie gut passen eigentlich Kühlschrank und Tablet zusammen? Große Hausgeräte wechselt man oft erst nach 10 bis 15 Jahren aus. Die Technik eines Tablets wirkt oft schon nach ein paar Jahren langsam und veraltet.
Die Vernetzung bringt auch neue Geschäftsfelder ganz nah am Verbraucher, die noch unbesetzt sind. Der weltgrößte Online-Händler Amazon hat das erkannt und prescht vor. Und beschränkt sich dabei nicht auf den hauseigenen vernetzten Lautsprecher Echo, der auf Sprachbefehl nicht nur Musik abspielen und nötige Informationen heraussuchen kann, sondern auch Amazon-Bestellungen annimmt.
Über Partnerschaften bohrt sich der Konzern noch tiefer ins Smarthome. Die Waschmaschine des US-Herstellers Whirlpool bestellt das Reinigungsmittel bei dem Online-Händler nach. Ford setzt auf Amazons Sprachassistenten Alexa, um aus dem Cockpit heraus die Verbindung zur Haustechnik herzustellen. Mit Hilfe von Partnerschaften drängen auch neue Player in den Markt. Die Münchner Firma Tado, die Heizungen und Klimaanlagen vernetzt, kündigte zur CES Kooperationen mit den Telekom-Konzernen AT&T und O2 für die USA und Großbritannien an.
Zugleich zeigten sich die Verbraucher bisher oft zurückhaltend, wenn es um Hausvernetzung ging. Konzepte setzen sich manchmal auch nur in der Nische durch. Vor zwei Jahren wurde auf der CES das System "Mother" vorgestellt, bei dem kleine Sensoren, die man an allen möglichen Gegenständen anbringen kann, den Alltag smarter machen sollen.
Zum Beispiel können sie melden, dass ein Medikament nicht rechtzeitig eingenommen wurde oder dass Kaffee-Pads verbraucht sind. Inzwischen wird Mother gezielt nur noch als Hilfsmittel für Senioren vermarktet. "Sie machten von Anfang an über ein Drittel der Nutzer aus", sagt Gründer Rafi Haladjian. "Der Markt war noch nicht bereit für einen breiten Ansatz", räumt er ein.
Ein Trend ist, dass Daten verschiedener Geräte und Dienste stärker miteinander verbunden werden. Und die Entwicklung steht erst am Anfang. In Zukunft könnte zum Beispiel die Auswahl des Vorschläge bei einem Videostreamingdienst davon abhängen, ob der Nutzer allein zu Hause ist, wie seine Stimmung ist - und von der Raumtemperatur, prophezeite zum CES-Start des Chefökonom des Messeveranstalters CTA, Sean DuBravac. Dafür würde die Technik automatisch auf Daten vernetzter Thermostate, Überwachungskameras oder Computer-Uhren zugreifen.
Viele Verbraucher werden bei solchen Szenarien jedoch bislang eher misstrauisch. Intel soll einmal erwogen haben, in einem TV-Dienst die Stimmung der Nutzer mit Kameras einzufangen, um den Service zu verbessern. Am Ende wurde beim gesamten Projekt der Stecker gezogen. © dpa
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