Osnabrück (dpa) - Ein Youtube-Video mit nachgestellter Gaffer-Szene bekommt millionenfache Aufmerksamkeit in sozialen Netzwerken - und sorgt für zum Teil geschockte Reaktionen bei den Betrachtern.
Feuerwehrleute bescheinigen den Machern Elena Isabel Walter aus Osnabrück und Emanuel Luca Zander-Fusillo aus Dortmund, die Szenerie realistisch dargestellt zu haben. Der ADAC fordert drastischere Strafen für Gaffer und Menschen, die Rettungskräfte bei Einsätzen behindern.
In dem Video "Schaulustige - Sei kein Gaffer" werden drei junge Leute gezeigt, die aus dem Urlaub gut gelaunt in einem Auto zurück nach Hause fahren. Als sie ein brennendes Auto entdecken, wird ihre Neugierde geweckt. Sie machen Fotos und Videos mit ihren Smartphones, posieren vor einem Feuerwehrauto und fotografieren das Unfallopfer. Die Aufforderungen der Rettungskräfte, sich vom Unfallort zu entfernen, ignorieren sie. Im Gegenteil: Sie reagieren patzig. Schließlich macht einer der drei jungen Leute eine schockierende Entdeckung: Das Unfallopfer ist seine Mutter.
Das Video von Walter und Zander-Fusillo ist zigfach in verschiedenen Internet-Plattformen geteilt und weiterverbreitet worden. In den Kommentaren auf der Youtube-Seite der beiden Filmemacher von der Dortmunder Agentur Blickfänger schreiben User, dass sie ähnliche Situationen selbst erlebt hätten und das Video ihnen Tränen in die Augen getrieben habe.
Produziert wurde der etwa viereinhalb Minuten lange Film im Sommer 2017 in Osnabrück mithilfe der Freiwilligen Feuerwehr sowie einem Bürgerverein und der Sparkasse. Auf die Idee waren die beiden Filmemacher gekommen, als sie durch die Nachrichten den Eindruck bekamen, dass Gaffer immer radikaler und rücksichtsloser agieren, wie die 26-jährige Walter sagte.
Sie sei häufig mit dem zwei Jahre älteren Zander-Fusillo auf Autobahnen unterwegs und habe selbst Situationen beobachtet, in denen Gaffer die Arbeit von Rettungskräften behinderten. "Im Drehbuch haben wir die Handlung zwar auf die Spitze getrieben, aber wir haben viel Feedback von Feuerwehrleuten erhalten, dass sie ähnliche und schlimmere Situationen erlebt haben."
Der Chef der Osnabrücker Berufsfeuerwehr, Dietrich Bettenbrock, berichtete, dass seinen Kollegen bei Einsätzen auch Material gestohlen werde. Dass Menschen ihre Handys zückten und die Rettungskräfte sich Platz verschaffen müssten, sei alltäglich geworden, so Bettenbrock. Zwar sei es natürlich, wenn Menschen angesichts eines Unfalls neugierig würden. Wenn Schaulustige Opfer fotografierten oder filmten, überschritten sie aber Grenzen.
Das Thema Gaffer betreffe den ADAC zwar nicht direkt, sagte der Abteilungsleiter Verkehr im Bereich Weser-Ems, Dirk Matthies. Dennoch forderte er die verantwortlichen staatlichen Stellen dazu auf, Strafen zu verhängen, die über den bereits bestehenden Strafen-Katalog hinausgehen. Das könnten auch drastische Verurteilungen wie Gefängnis sein, sagte er. "Die möglichen strafrechtlichen Konsequenzen sollten mehr publik gemacht werden, damit sie abschreckend wirken können."
Laut ADAC ist das Fotografieren oder Filmen eines Unfalls eine Straftat, die mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet werden kann. Für das Gaffen selbst können Geldstrafen von 20 bis 1000 Euro verhängt werden.
Elena Isabel Walter hofft, dass ihr Film die Menschen zum Nachdenken anregt und sie für das Thema sensibilisiert. Das gilt nicht nur für die Rettungskräfte, die bei Unfällen im Einsatz sind, wie sie betonte: "Dass in der Silvesternacht Feuerwehrleute mit Böllern angegriffen wurden, hat uns schockiert." © dpa
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