Auf den Fahrersitz setzen und Zeitung lesen während der Fahrt? Bislang undenkbar. Manch einer wünscht sich deshalb selbstfahrende Autos für die nahe Zukunft, andere Menschen wiederum stehen solchen autonom agierenden Fahrzeugen skeptisch gegenüber. Aber wie weit ist die Technik eigentlich? Welche Unternehmen arbeiten daran und wann könnte die Vision Realität werden?

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Autonomes Fahren - reine Zukunftsmusik? Schaut man sich die Assistenzsysteme aktueller Fahrzeugmodelle genauer an, kann das eigentlich nicht sein. Schon längst können Autos selbstständig die Spur halten, die Fahrtgeschwindigkeit regulieren, Bremsungen durchführen, den Abstand zum Vordermann halten und sogar vollkommen automatisch in engste Parklücken manövrieren. Der Stand der Technik deutet also darauf hin, dass es keine Frage von Jahrzehnten mehr sein muss, bis selbstfahrende Autos auf den Straßen verkehren.

Vorreiterland in Sachen autonomes Fahren: Die USA

Immer einen Schritt voraus in puncto selbstfahrender Autos ist das Mutterland von Computern und Vernetzung: die USA. Dort gibt es nicht nur den zweitgrößten Pkw-Markt der Welt, sondern auch den ersten Bundesstaat, der eine rechtliche Regelung hinsichtlich der Tests von Roboterautos geschaffen hat. In Kalifornien dürfen selbstfahrende Autos unter bestimmten Reglementierungen am Straßenverkehr teilnehmen. Beste Voraussetzung also, um die Technologie, die hinter dem autonomen Fahren steckt, zu testen und weiterzuentwickeln.

Auf dem Weg zum Roboterauto: Car2Car-Kommunikation

In den USA wird bereits seit einigen Jahren die sogenannte Car2Car-Kommunikation erprobt. Dabei handelt es sich um die Kommunikation zweier oder mehrerer Autos untereinander. Diese geht noch über die bereits erhältlichen Assistenz- und Sicherheitssysteme hinaus und stellt den nächsten Schritt auf dem Weg zum autonomen Fahren dar. Kommunizieren Autos untereinander, können sie sich gegenseitig beispielsweise vor Staus oder Blitzeis warnen sowie auf eine Unterschreitung des Mindestabstands hinweisen. Technisch wird die Car2Car-Kommunikation über WLAN und Radiowellen realisiert. Das Potenzial der Entwicklung ist erheblich: Nicht nur die Verkehrssicherheit kann dadurch erhöht werden, sie kann den autonom fahrenden Autos auch technisch zum Durchbruch verhelfen.

Wie ist der Status Quo in Deutschland?

Deutschland hinkt derweil noch etwas hinterher. Nicht unbedingt technisch, denn auch die großen deutschen Hersteller forschen fleißig an selbstfahrenden Autos. Allerdings sind die rechtlichen Regelungen hierzulande derzeit noch mehr als vage. Die Vorstufe zum autonomen Fahren, die Car2Car-Kommunikation, kann in Deutschland nur stark eingeschränkt getestet werden. So dürfen miteinander kommunizierende Autos auf öffentlichen Straßen nur informieren, nicht aber aktiv ins Fahrgeschehen eingreifen. Konkrete gesetzliche Regelungen existieren bislang nur zur elektromagnetischen Strahlung, die von den Autos ausgehen darf.

Übereinkommen von 1968 bremst die Forschung

Die Technik ist in Deutschland daher deutlich weiter als die Gesetzgebung. Klärungsbedarf besteht beispielsweise bezüglich der Haftung bei selbstfahrenden Autos. Wer muss dafür geradestehen, wenn ein Roboterauto einen Unfall verursacht? Kann der (Mit-)Fahrer belangt werden oder ist der Hersteller in der Pflicht? Doch bevor solche Fragen angegangen werden können, muss eine weitere Hürde aus dem Weg geräumt werden. Laut Wiener Übereinkommen von 1968, das die Verkehrsregeln international standardisieren sollte, müssen Fahrzeuge zu jeder Zeit von einem Fahrer kontrolliert werden. Rein rechtlich ist autonomes Fahren hierzulande derzeit also noch "verboten". Daher ist die Politik gefordert. Sie muss die nötigen Rahmenbedingungen schaffen, damit die Technologie ausreichend erprobt und schließlich zur Serienreife entwickelt werden kann.

Selbstfahrende Autos auf den Straßen: Realität ab 2020?

Von technischer Seite wäre selbstfahrende Autos also schon deutlich früher möglich, als es die meisten Gesellschaften zulassen. In fünf bis zehn Jahren sollen die ersten autonom agierenden Pkw Serienreife erlangen. Führende Hersteller peilen das Jahr 2020 als Startjahr für die ersten Roboterautos an, darunter beispielsweise Mercedes und Nissan. Erst im vergangenen Jahr sorgte Mercedes mit einer komplett autonomen Fahrt der Mercedes S-Klasse von Mannheim nach Pforzheim für Aufsehen. Nissan hingegen will für die Erprobung der Autos eine komplette Stadt mit Straßen und Gebäuden errichten.

Der Fahrer wird Schritt für Schritt zum Mitfahrer

Aber nicht nur Autohersteller, auch andere Konzerne forschen eifrig mit - darunter der Autozulieferer Bosch oder der Internetgigant Google. Letzteres Unternehmen testet seit einiger Zeit selbstfahrende Google Cars in den USA, die mit einer radarähnlichen Lasertechnik ausgestattet sind. Die kommenden Jahre dürften also durchaus spannend werden. Klar ist: Der Schritt zum autonomen Fahren wird sich nicht ad hoc vollziehen. Die modernen Kommunikations- und Vernetzungstechniken werden vermutlich Schritt für Schritt Einzug in die Fahrzeuge halten. Einige Autos werden miteinander kommunizieren können, andere noch nicht, bis die Fahrer irgendwann komplett zu Mitfahrern im eigenen Auto werden.  © 1&1 Mail & Media/ContentFleet

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