Spurhalteassistenten, Tempomaten und Bremsassistenten sind ungemein praktisch. Das teilautomatisierte Fahren entlastet den Fahrer – wer nimmt auf der leeren Autobahn nicht mal gern den Fuß vom Gas und lässt den Tempomaten machen? Doch genau diese Teilautomatik birgt Risiken und damit ernste Gefahren.

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Irgendwann sollen Autos komplett autonom fahren und die Fehlerquelle Mensch dadurch gänzlich eliminieren. Doch bis die Zukunftsvision vom selbstfahrenden Auto in der Realität ankommt, wird noch einige Zeit ins Land gehen. In dieser Zeit wird teilautomatisiert gefahren – in verschiedenen Abstufungen, sogenannten Autonomieleveln. Und genau dort könnte das Problem liegen.

Das können die Autos auf dem Markt heute schon

Derzeit ermöglichen Assistenzsysteme ein teilautomatisiertes Fahren auf dem sogenannten Autonomielevel 2. Das bedeutet, dass der Fahrer durchgängig die volle Kontrolle über das Fahrzeug haben muss und vom Bordcomputer lediglich unterstützt wird. Sprich: Auch wenn Tempomat, Abstands- und Spurhalteassistent auf der Autobahn schon ein erstes Gefühl vom selbstfahrenden Auto vermitteln, heißt es stets und ständig: Hände ans Lenkrad, Blick auf die Straße und ordentlich aufpassen.

Autonomielevel 3 würde beinhalten, dass der Fahrer den Blick von der Straße auch mal abwenden und mit dem Beifahrer reden dürfte. Auch der Griff zur Getränkedose inklusive Öffnen und einem längeren Schluck wären theoretisch drin. Kurz gesagt: Der Fahrer dürfte sich einen Moment lang ablenken lassen. Das Problem: Er muss die Kontrolle über das Fahrzeug jederzeit wieder übernehmen können, falls die Assistenzsysteme aussetzen – zum Beispiel, weil die Fahrbahnmarkierung plötzlich aufhört.

Der Mensch kann noch nicht mithalten

Es gibt bereits Autos, die ein teilautomatisiertes Fahren auf Autonomielevel 3 ermöglichen – allerdings ist die Zulassung der Systeme voraussichtlich erst ab dem Jahr 2019 geplant. Wer mit einem solchen Auto sicher fahren will, muss theoretisch in der Lage sein, innerhalb von vier Sekunden die vollständige Kontrolle über das Auto wieder zu übernehmen, wenn die Assistenzsysteme ihre Aufgaben nicht mehr erledigen können. Die meisten Fahrer dürften das aber gar nicht schaffen, erklärte Unfallforscher Siegfried Brockmann laut "ZEIT/dpa" beim 56. Verkehrsgerichtstag in Goslar. "Unsere Studien zeigen, dass man mindestens zwölf Sekunden dazu braucht", so Brockmann. Acht Sekunden zu viel. Und in diesen acht Sekunden kann viel passieren – vor allem Unfälle.

Was ist nötig für mehr Sicherheit?

So, wie die Lage jetzt ist, können nur echte Profis Autos mit dem Autonomielevel 3 steuern. Damit sich das ändert und das weiterentwickelte teilautomatisierte Fahren auch beim Autofahrer von nebenan ankommt, muss vor allem die Technik weiterentwickelt werden, meint Unfallforscher Brockmann. Die Fahrzeuge müssten in der Lage sein, den Fahrer rechtzeitig darauf hinzuweisen, dass er die Kontrolle über den Wagen wieder vollständig übernehmen muss.

Zudem muss wie so oft auch die Rechtslage noch geklärt werden. Was darf der Fahrer eines teilautomatisierten Fahrzeugs eigentlich, wenn die Assistenzsysteme übernehmen? Nur ein bisschen aus dem Fenster schauen, für ein paar Minuten die Augen schließen oder sogar auf dem Smartphone SMS schreiben oder im Internet surfen? Und wer zahlt am Ende, wenn durch teilautonome Fahrzeuge Unfälle passieren – übernimmt die Versicherung, haftet der Hersteller oder wird der Fahrer zur Kasse gebeten? All das gilt es, zu klären, bevor teilautomatisiertes Fahren auf Deutschlands Straßen Einzug halten kann.  © 1&1 Mail & Media/ContentFleet

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